Nach dem Ärger um die Platzvergabe und der Verzögerung wegen eines Befangenheitsantrags der Verteidiger, macht nun ein Kreuz im Gerichtssaal des NSU-Prozesses Schlagzeilen. Ein türkischer Parlamentarier forderte am Dienstag, das christliche Symbol aus dem Saal des OLG München zu entfernen.
Der türkische Parlamentsabgeordnete Mahmut Tanal stört sich daran, dass im Gerichtssaal 101 des Oberlandesgerichts (OLG) München ein Kreuz aufgehängt ist. Der Politiker war als Mitglied einer türkischen Parlamentarierdelegation zum Prozessauftakt in München gereist. Der Bildzeitung sagte er, dass er in dem christlichen Symbol einen Verstoß gegen die Prinzipien des säkularen Rechtsstaates und eine "Bedrohung für alle Nichtchristen" sehe, die am Prozess beteiligt sind. Das Kreuz müsse deshalb sofort verschwinden.
Der Verfassungsrechtler Thomas Traub denkt nicht, dass der 52-jährige Politiker mit seiner Forderung Erfolg haben wird. Grundsätzlich sei es dem Gericht erlaubt, Kruzifixe in den Sälen aufzuhängen. Bereits 1973 habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zwar entschieden, dass ein Kreuz im Gerichtssaal abgehängt werden muss, wenn ein Prozessbeteiligter dies aus religiösen Gründen verlangt (Beschl. v. 17.07.1973, Az. 1 BvR 308/69). Dieser Grundsatz gelte aber "unmittelbar nur für Prozessbeteiligte und nicht für Zuschauer", so Traub.
Zuschauer können sich nicht gegen Kreuz wehren
"Man darf nicht verpflichtet werden, einen Rechtsstreit unter dem Kreuz zu führen und damit einem Staat als Richter gegenüberzustehen, der sich mit der christlichen Religion identifiziert", sagte Traub. In die Grundrechte der Zuschauer werde durch das christliche Symbol im Saal aber nicht eingegriffen. Etwas anderes könne hingegen für die Nebenkläger und die Angeklagten gelten. Sie könnten das Kreuz "unter Berufung auf ihre religiöse und weltanschauliche Überzeugung" entfernen lassen.
In dem Prozess vor dem OLG München muss sich Beate Zschäpe als Mittäterin an allen Verbrechen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) verantworten. Sie soll gemeinsam mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt für eine Mordserie verantwortlich sein, der zwischen den Jahren 2000 und 2006 hauptsächlich türkischstämmige Mitbürger zum Opfer fielen. Neben Zschäpe stehen noch vier mutmaßliche Helfer in München vor Gericht.
Im Vorfeld hatte es Streit um die Vergabe der Presseplätze und die Leibesvisitation der Verteidiger gegeben. Der Prozess wird wegen eines Befangenheitsantrags der Verteidiger erst am 14. Mai fortgesetzt.
asc/LTO-Redaktion
Streit um Holzkreuz im NSU-Gerichtssaal: . In: Legal Tribune Online, 08.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8697 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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