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OLG zu Kölner Böllerwerfer: FC-Fan muss über 20.000 Euro zahlen

09.03.2017

Südkurve im Kölner Stadion

Bild: MR80, Wikimedia Commons, GFDL, CC BY-SA 2.5, Bearbeitung durch LTO

Nach dem BGH-Urteil aus dem vergangen Jahr müssen randalierende Fans anteilig für Vertragsstrafen gegen ihre Fußballvereine aufkommen. Das OLG Köln hat dafür nun eine Berechnungsgrundlage aufgestellt, für einen Fan wird es jetzt teuer.

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Ein Stadionbesucher, der bei einem Heimspiel des 1. FC Köln gegen den SC Paderborn Knallkörper gezündet hatte, muss an den Verein rund 20.300 Euro zuzüglich Zinsen zahlen. Dies entspricht seinem Anteil an der Verbandsstrafe, die der Deutsche Fussball-Bund (DFB) dem Verein auferlegt hatte, wie das Oberlandesgericht (OLG) Köln am Donnerstag entschied (Urt v. 09.03.2017, Az. 7 U 54/15).

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im vergangenen Jahr geurteilt, dass der Bundesligaverein eine Verbandsstrafe des DFB von einem böllerwerfenden Fan ersetzt verlangen kann und den Rechtsstreit zur Bestimmung der konkreten Schadenshöhe an das OLG zurückverwiesen. Das OLG war zuvor noch davon ausgegangen, dass dem Krawall-Fan die Vertragsstrafe des DFB nicht zurechenbar sei. Der Böllerwerfer habe zwar seine Pflichten aus dem mit dem Verein abgeschlossenen Zuschauervertrag verletzt, es fehle jedoch an der haftungsbegründenden Kausalität für einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Vertragspflichten dienten nicht dem Zweck, den Fußballverein im Fall ihrer Verletzung von einer Verbandsstrafe freizustellen, so das OLG im Dezember 2015.

Der BGH sah das anders und entschied, dass Fans, die im Stadion an Ausschreitungen beteiligt sind, sehr wohl für die deshalb dem Verein auferlegte Geldstrafe haften können. Es handele sich dabei nämlich nicht um einen Schaden, der nur zufällig durch das Verhalten des Fans verursacht worden wäre, so die Karlsruher Richter. Die Strafe stehe vielmehr in einem inneren Zusammenhang mit dem Wurf des Knallkörpers und werde gerade wegen der Störung durch den Zuschauer verhängt. Zudem dienten sowohl die Pflichten aus dem Zuschauervertrag als auch die Regeln des Verbandes dazu, Spielstörungen durch Randale zu verhindern.

OLG: Einzelstrafe / Summe der Einzelstrafen * Gesamtbetrag

Unklar blieb, wie hoch die Strafen ausfallen können. Im Falle des Kölner Fans war der Verein nicht nur wegen des Böllerwurfs, sondern auch wegen drei weiterer Vorfälle, an denen der Fan nicht beteiligt war, mit einer Strafe belegt worden. Gegen den 1. FC Köln waren vier Einzelgeldstrafen in Höhe von zweimal 20.000 Euro, einmal 38.000 Euro und - betreffend den Böllerwurf - einmal 40.000 Euro verhängt worden. Als Gesamtstrafe hatte der DFB, wie üblich in solchen Fällen, nicht die Summe der Einzelstrafen in Höhe von 118.000 Euro, sondern unter Gewährung eines Strafrabatts einen Gesamtbetrag von 80.000 Euro bestimmt. Letztlich musste der FC nur 60.000 Euro zahlen, weil ein Kamerasystem zur Überwachung des Stadions im Wert von rund 20.000 Euro auf die Strafe angerechnet wurde.

Streitig war, ob sich der prozentuale Anteil, den der Fan bezahlen muss, auf die Summe der Einzelstrafen oder auf die Gesamtstrafe beziehen soll. Der Verein argumentierte für letzteres, konnte das Gericht damit aber nicht überzeugen. Bei dieser Berechnungsweise hänge es vom Zufall ab, in welchem Maße eine Reduzierung der Gesamtstrafe dem Inanspruchgenommenen zu Gute komme. Das Verhältnis der jeweiligen Einzelstrafe zur Summe der Einzelstrafen sei dagegen eine verlässliche Bemessungsgrundlage, bei der Änderungen der Gesamtstrafe stets verhältnismäßig weitergegeben werden könnten, so der Senat.

Der Böllerwurf kostet den Kölner deswegen rund 20.300 Euro (40.000 Euro / 118.000 Euro * 60.000 Euro). Das ist rund die Hälfte der Einzelstrafe, die vom DFB für diesen verhängt wurde. Das letzte Wort könnte aber wieder in Karlsruhe gesprochen werden: Weil die Frage, wie die Berechnung vorzunehmen ist, noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde, ließ das OLG die Revision zu.

acr/LTO-Redaktion

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OLG zu Kölner Böllerwerfer: FC-Fan muss über 20.000 Euro zahlen . In: Legal Tribune Online, 09.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22328/ (abgerufen am: 27.01.2023 )

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