Schlechte Nachrichten für die Witwe von Altkanzler Helmut Kohl. Sie kann offenbar einen millionenschweren Entschädigungsanspruch ihres Ex-Gatten nicht erben, wie das OLG Köln andeutet.
Die Witwe von Altkanzler Helmut Kohl hat wohl nur geringe Chancen auf die Millionen-Entschädigung, die ihrem Mann zwei Monate vor dessen Tod zugesprochen worden war. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat die Frage zwar noch nicht endgültig entschieden. Man neige jedoch der Meinung zu, dass der Entschädigungsanspruch nicht vererbbar sei, sagte die Vorsitzende Richterin Margarete Reske am Donnerstag. Schließlich gehe es darum, dem Geschädigten Genugtuung zu verschaffen, und das sei nur möglich, solange dieser noch lebe. Kohl war am 16. Juni 2017 in Ludwigshafen-Oggersheim gestorben.
In dem Fall geht es um das Buch "Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle". Das Landgericht (LG) Köln hatte dazu im April des vergangenen Jahres entschieden, dass das Buch Kohls Persönlichkeitsrecht schwer verletzt habe. Es sprach ihm deshalb die höchste Entschädigungssumme der deutschen Rechtsgeschichte in Höhe von einer Million Euro zu.
Die Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens sowie der Heyne-Verlag aus der Verlagsgruppe Random-House bestreiten die Vorwürfe und gingen gegen das Urteil in Berufung.
Maike Kohl-Richter war am Donnerstag vor dem OLG Köln erschienen, um dort das Klageverfahren ihres gestorbenen Mannes Helmut Kohl zu übernehmen.
Andere Maßstäbe für den toten Altkanzler?
Das OLG muss nun entscheiden, ob Kohls Entschädigungsanspruch mit seinem Tod erloschen ist oder auf seine Witwe und Erbin übergeht.
In einer Stellungnahme an das Gericht vertreten Kohl-Richters Anwälte unter anderem die Überzeugung, dass für den ehemaligen Bundeskanzler andere Maßstäbe gälten. Er sei eine "absolute Person der Zeitgeschichte von herausragender Bedeutung", argumentieren sie. Auch im Interesse der Allgemeinheit müsse er deshalb vor "Geschichtsklitterung und Geschichtsfälschung" bewahrt werden.
Dieser Argumentation widersprach Reske aber in der Verhandlung. Direkt an Kohl-Richter gewandt, sagt sie: "Das sehen wir so nicht unbedingt." Es gebe kein Sonderrecht für historische Persönlichkeiten.
"Helmut Kohl war kein Wirtschaftsunternehmen, Helmut Kohl war ein Mensch", erklärte seine Witwe Kohl-Richter. Das "Gift von Herrn Schwan" beschädige sein Bild in der Geschichte. "Es geht hier um ein Lebenswerk, es geht um das, was die Menschen von Helmut Kohl in Erinnerung haben."
Außergerichtlicher Vergleich vorgeschlagen
Richterin Reske appellierte an die Parteien, sich außergerichtlich in einem Vergleich zu einigen: Der Verlag soll Kohl-Richter demnach finanziell entgegenkommen und dafür das Buch aus dem Verkauf nehmen. Im Gegenzug soll Kohl-Richter einen Schlussstrich ziehen und eine Kopie der Gespräche mit Schwan dem Bundesarchiv in Koblenz oder der Konrad-Adenauer-Stiftung zugänglich machen. Schwan hatte die Aufnahmen angefertigt, um als Ghostwriter Kohls Memoiren zu schreiben. Später zerstritten sich die beiden.
Heribert Schwan zeigte sich zu einem Vergleich mit Kohl-Richter bereit. Doch Kohl-Richters Anwalt Thomas Hermes räumt dem Vorstoß nur geringe Chancen ein.
Das OLG Köln will am 29. Mai seine Entscheidung verkünden.
dpa/kus/LTO-Redaktion
Streit um Altkanzler-Buch: . In: Legal Tribune Online, 15.02.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27065 (abgerufen am: 06.10.2024 )
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