Bietet ein Sicherheitsmitarbeiter an, Passagiere gegen Zahlung eines Schmiergeldes nach vorn in die Warteschlange einer Flughafenkontrolle zu rücken, so macht er sich damit nicht strafbar. Das hat das OLG Köln nun bestätigt.
Das Jahr 2022 war für viele Flughäfen weltweit eine echte Herausforderung. Die COVID-19-Pandemie hatte zu massivem Personalmangel geführt, da viele Mitarbeiter während der Pandemie entlassen worden waren. Mit dem plötzlichen Anstieg des Reiseverkehrs nach der Pandemie konnte das verbliebene Personal kaum Schritt halten. Ergebnis: Wer nicht mindestens vier bis fünf Stunden vor Abflug am Flughafen war, riskierte, seinen Flug zu verpassen. Findige Reisende griffen daher tief in die Tasche und investierten in einen, mittlerweile rechtlich diskutierten, Fast-Lane-Zugang.
Ein Sicherheitsmitarbeiter erkannte in diesem Chaos seine Chance. Gegen eine private Zahlung von 50 Euro bot er einem Fluggast an, diesen nach vorn in die Schlange zu lotsen, damit er rechtzeitig seinen Flug erreicht. Das OLG Köln entschied nun, dass er sich damit nicht strafbar gemacht hat (Urt. v. 11.06.2024. Az. 1 ORs 52/24).
"Wie viel kannst du machen? Einen Fuffi?"
Der Sicherheitsmann arbeitete für ein privates Sicherheitsunternehmen als "Line-Manager", zuständig für die Ordnung und Entzerrung der Warteschlangen. Eines Tages sprach ihn ein gestresster Urlauber an und fragte, ob ein "Fast-Check-in" möglich sei.
Der Sicherheitsmann forderte ihn auf, ihm nach draußen zu folgen, und sagte dort zu ihm: "Ich riskiere dafür zwar meinen Job, aber wie viel kannst du machen? Einen Fuffi?". Doch der Urlauber, ein hauptberuflicher Polizist, lehnte das Angebot entschieden ab.
Der Sicherheitsmann versuchte es dennoch weiter: "Entweder ihr macht das und ich bringe euch nach vorne oder Ihr müsst auf den guten Willen von anderen Leuten hoffen." Für den Urlauber Grund genug, den Vorfall einem in der Nähe stehenden Bundespolizisten zu melden und Strafanzeige zu erstatten. In dem darauf folgenden Verfahren wurde dem Sicherheitsmann zur Last gelegt, sich der versuchten Erpressung (§§ 253, 22, 23 Strafgesetzbuch (StGB)) strafbar gemacht zu haben. Aber war das hier wirklich der Fall?
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Gestresster Urlauber in "besonnener Selbstbehauptung"
§ 253 StGB definiert die Erpressung als das Vorgehen einer Person, um sich oder einen Dritten durch Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel rechtswidrig zu bereichern. Ob dem Urlauber und Polizisten hier überhaupt ein Übel in Aussicht gestellt wurde, konnte nach Ansicht des Gerichts schon offengelassen werden, denn laut dem OLG ist dieses hier jedenfalls nicht empfindlich gewesen. Ein "empfindliches Übel" im Sinne von § 253 Abs. 1 StGB ist dabei jeder Nachteil, der so erheblich ist, dass seine Ankündigung geeignet erscheint, den Bedrohten im Sinne des Täterverlangens zu motivieren.
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass der Hinweis des Sicherheitsmitarbeiters, dass der Urlauber seinen Flug möglicherweise verpassen werde, im Grundsatz noch geeignet gewesen sein könnte, den Urlauber zur Zahlung der geforderten 50 Euro zu veranlassen. Allerdings fehlt es nach Auffassung des OLG an der Empfindlichkeit des Übels, weil von dem Urlauber in seiner Lage erwartet werden könne, dass er der Drohung "in besonnener Selbstbehauptung" standhält. Eine Strafbarkeit wegen versuchter Erpressung komme daher schon deshalb nicht in Betracht.
Arbeitsrechtlich hat der Vorfall jedoch Konsequenzen: Die Firma kündigte dem Sicherheitsmitarbeiter nach Bekanntwerden des Vorfalls, der Mann ist seinen Job mittlerweile los.
xp/LTO-Redaktion
OLG verneint versuchte Erpressung: . In: Legal Tribune Online, 02.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54902 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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