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45001

Zahnprothese im Ofen verbrannt: Abfall muss nicht auf wert­volle Gegen­stände unter­sucht werden

19.05.2021

Ofen

Rawf8 - stock.adobe.com

Abfall muss nicht ohne Weiteres auf wertvolle Gegenstände untersucht werden, so das OLG Koblenz. Verbrennt die Lebensgefährtin des Sohnes beim Entsorgen benutzter Taschentücher also eine Zahnprothese, handelt sie nicht fahrlässig.

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Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich unter gesammeltem Abfall auch persönliche oder wertvolle Gegenstände befinden, die nicht weggeworfen werden sollen, darf der Abfall ohne vorherige Sichtung entsorgt werden. Hierauf hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz in einem kürzlich gefassten Beschluss hingewiesen (Beschl. v. 13.04.2021, Az. 8 U 1596/20).

Der Entscheidung liegt die Klage einer Frau zugrunde, die Ende 2019 an einer Pneumonie erkrankt war und das Bett hüten musste. Während eines Krankenbesuchs entsorgte die Lebensgefährtin ihres Sohnes einige benutzte Papiertaschentücher, die sich auf dem Nachttisch angesammelt hatten, in einem brennenden Ofen. Unter den Taschentüchern befand sich allerdings auch die in ein Papiertuch eingewickelte Zahnprothese der Klägerin. Sie nahm die Lebensgefährtin ihres Sohnes daraufhin wegen des Verlusts der Zahnprothese auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 11.800 Euro in Anspruch.

Schon vor dem Landgericht (LG) war die Klage der Frau erfolglos. Das LG nahm eine stillschweigend vereinbarte Haftungsprivilegierung an, in deren Folge die Beklagte der Klägerin nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Beschädigung des Zahnersatzes hafte. Dies sei jedoch nicht erfüllt. Hiermit war die Klägerin nicht einverstanden und legte Berufung ein.

Taschentücher nicht zu untersuchen

Der OLG-Senat verneinte jedoch bereits die eine einfache Fahrlässigkeit der beklagten Schwiegertochter in spe. Sie habe weder gewusst, dass sich unter den benutzten Taschentüchern der in ein Papiertuch gewickelte Zahnersatz befand, noch habe sie dies erkennen können oder müssen, als sie die Taschentücher im "Paket" aufnahm und in den Kohleofen warf. Laut OLG hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sie die Prothese aufgrund ihres Gewichts hätte bemerken müssen. 

Unter den konkreten Umständen sei es der Beklagten nicht vorzuwerfen, die benutzten Taschentücher beim Entsorgen möglichst wenig berührt zu haben. Schließlich, so das Gericht, begründe auch die Entsorgungsform selbst, das Verbrennen im Ofen, keine Fahrlässigkeit. Hierdurch seien die mit Krankheitserregern belasteten Taschentücher vielmehr effektiv beseitigt und die Keimbelastung verringert bzw. aufgehoben worden.

Der Gerichtsmitteilung zufolge hat die Klägerin auf den Hinweis des Senats ihre Berufung zurückgenommen.

acr/LTO-Redaktion

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Zahnprothese im Ofen verbrannt: Abfall muss nicht auf wertvolle Gegenstände untersucht werden . In: Legal Tribune Online, 19.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45001/ (abgerufen am: 03.02.2023 )

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