Neu-Kaiserreich und Lauterbach-Entführung geplant: Mehr­jäh­rige Haft­strafen für Räd­els­führer der "Ver­einten Patrioten"

06.03.2025

Die "Vereinten Patrioten" wollten das Kaiserreich einführen, Anschläge durchführen und den Gesundheitsminister entführen. Das OLG Koblenz stufte die Gruppe als terroristische Vereinigung ein und bewertete ihre Pläne als "hochverräterisch".

Im Staatsschutzverfahren um Pläne für einen Umsturz in Deutschland und eine Entführung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sind vier Rädelsführer der Gruppe "Vereinte Patrioten" zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz stufte die "Kaiserreichsgruppe" als terroristische Vereinigung gemäß § 129a Strafgesetzbuch ein und verurteilte die vier als Gründer und Rädelsführer. Ein fünfter Angeklagter erhielt wegen einfacher Mitgliedschaft in der Vereinigung und wegen illegalen Waffenbesitzes eine Strafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Die Urteile (v. 06.03.2025, Az. 1 St 2 BJs 141/22) sind noch nicht rechtskräftig.

Damit endet das am 17. Mai 2023 gestartete Verfahren nach fast zwei Jahren. Auf der Anklagebank saßen vier Männer im Alter von 46 und 58 Jahren sowie eine 77 Jahre alte Frau. Der Gruppe wurde vorgeworfen, eine Terrorvereinigung mit dem Namen "Vereinte Patrioten", auch bekannt als "Kaiserreichsgruppe", gegründet zu haben oder darin Mitglied gewesen zu sein. Die Gruppe sei eine terroristische Vereinigung i.S.d. § 129a StGB; diese habe zudem ein hochverräterisches Unternehmen gegen den Bund (§ 83 StGB) vorbereitet.

Eine terroristische Vereinigung ist nach § 129a Abs. 1, 2 StGB darauf gerichtet, Tötungsdelikte, Geiselnahmen, schwere Körperverletzung und/oder gemeingefährliche Straftaten zu begehen. Auf die einfach Mitgliedschaft steht nach Abs. 1 eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, auf die Rädelsführerschaft nach Abs. 4 StGB Gefängnis zwischen drei und fünfzehn Jahren. Gegen die vier dahingehend Verurteilten verhängte das Gericht Haftstrafen zwischen fünf Jahren plus neun Monaten und acht Jahren.

Sie wollten "Klabautermann" Lauterbach entführen

Einer der Angeklagten ist der aus Brandenburg stammende Sven Birkmann, der mit vollem Namen genannt werden möchte. Bei der angeklagten Frau handelt es sich um eine früher in Mainz tätige Lehrerin, die die Anklage für die "politische Vordenkerin" der Gruppe hält. In dem Prozess hatte sie häufig Verschwörungstheorien aus dem Reichsbürger-Milieu geäußert.

Die Gruppe wollte Deutschland laut Anklage ins Chaos stürzen. Mit Sprengstoffanschlägen sollte demnach die Stromversorgung zerstört, in einer Aktion mit dem Namen "Klabautermann" Lauterbach aus einer Talkshow entführt und seine Personenschützer "ausgeschaltet" werden.

Auch die restlichen Pläne klingen so abstrus wie gefährlich: Laut Anklage wollten sie die Regierung absetzen und in einer konstituierenden Versammlung neue Führungspersonen bestimmen und die Verfassung des Kaiserreichs von 1871 wieder einführen. Ein Schauspieler sollte als Bundespräsident oder Bundeskanzler im Fernsehen auftreten und die Absetzung der Bundesregierung bekanntgeben.

Ziel der Gruppe soll laut Bundesanwaltschaft die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Deutschland gewesen sein. Bei der Festnahme der angeklagten Männer spielte ein verdeckter Ermittler eine wichtige Rolle. Er hatte einem der Angeklagten Waffen zum Kauf angeboten.

106 Verhandlungstage und 38 Zeugen

Die Urteilsverkündung erfolgte am Donnerstag nach dem 106. Verhandlungstag. In dem langen Prozess sagten 38 Zeugen aus, fünf Sachverständige wurden gehört. Dazu zählten ein Facharzt für Psychiatrie, jeweils ein Experte vom Bundeskriminalamt und vom Landeskriminalamt, der Leiter der Abteilung Risikomanagement und Internationale Angelegenheiten im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und ein Sachverständiger von der Bundesnetzagentur.

Am OLG Koblenz läuft derweil noch ein Prozess gegen zwei mutmaßliche Unterstützer der Gruppe. Unter den dort Angeklagten ist auch die Tochter von einem der nun schuldig gesprochenen Männer. Ein weiterer Mann wurde vom OLG Frankfurt am Main Ende November 2024 zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Mann sich an der Vorbereitung von Hochverrat beteiligte und Mitglied in einer terroristischen Vereinigung war.

Die Ermittlungen zu den "Vereinten Patrioten" waren einst auch Ausgangspunkt für die Ermittlungen zu der Vereinigung um Heinrich XIII. Prinz Reuß gewesen, deren mutmaßliche Rädelsführer im Dezember 2022 verhaftet worden waren. Auch diese Gruppierung, der eine frühere AfD-Bundestagsabgeordnete angehört, soll vorgehabt haben, das politische System in Deutschland mit Waffengewalt zu stürzen und eine neue Regierung zu installieren. Über die Anklage und den Auftakt des noch anhängigen Prozesses hatte LTO berichtet.

dpa/mk/LTO-Redaktion

Red. Hinweis: Aktualisierte Fassung vom Tag der Veröffentlichung, 16:20 Uhr.

Zitiervorschlag

Neu-Kaiserreich und Lauterbach-Entführung geplant: . In: Legal Tribune Online, 06.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56741 (abgerufen am: 18.03.2025 )

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