Ein Kind, welches nach Schulabschluss keine Ausbildung beginnt, hat zwar zunächst keinen Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern. Es verliert ihn aber nicht für einen späteren Ausbildungsstart. So muss der Vater einer heute 25-Jährigen für den Unterhalt seiner Tochter aufkommen. Jungen Menschen müsse eine Orientierungsphase zugebilligt werden, meint das OLG.
Nach § 1610 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) haben Kinder einen Anspruch auf angemessenen Unterhalt, einschließlich der Kosten für eine angemessene Berufsausbildung. Der Vater einer heute 25 Jahre alten Journalistikstudentin muss ihr nun monatlich ca. 350 Euro überweisen. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Beschl. v. 05.02.2013, Az. 7 UF 166/12).
Die Studentin hatte 2008 das Abitur abgelegt und begann zunächst ein Studium in den Niederlanden. Dieses brach sie nach zwei Jahren ab. Es folgten mehrere Praktika und ein längerer Aufenthalt in Australien. Zum Wintersemester 2011 nahm sie das Studium der Journalistik auf. Ihr Vater, der getrennt von Mutter und Tochter lebt, verweigerte ihr Unterhaltszahlungen. Seiner Ansicht nach sei die Unterhaltspflicht mit dem Abbruch des Studiums in den Niederlanden im März 2010 weggefallen. Seine Tochter sei für das aktuelle Studium nicht geeignet und nicht bedürftig. Sie habe ihren Unterhaltsanspruch verwirkt.
Das Amtsgericht (AG) Dortmund hatte in erster Instanz festgestellt, dass den Vater für die Zeit zwischen den beiden Studiengängen, von April 2010 bis September 2011, keine Unterhaltspflicht getroffen habe. Für die Folgezeit sprach das Gericht der Tochter aber monatlich ca. 350 Euro zu. Die auf diesen Beschluss ergangene Beschwerde des Vaters hat das OLG abgwiesen.
Die 25-Jährige sei für das Journalistikstudium geeignet, dies bestätigten nicht zuletzt ihre aktuellen Leistungen. Einen Verstoß gegen die Ausbildungsobliegenheit wollte das OLG nicht erkennen. Die junge Frau befinde sich immernoch im Erststudium, hierfür sei der Vater unterhaltspflichtig. Wenn ein Jugendlicher direkt nach dem Schulabschluss keine Ausbildung beziehungsweise kein Studium beginnt, sei er für diese Zeit nicht bedürftig, so das OLG. Dennoch verliere er aber nicht den Unterhaltsanspruch für eine spätere Ausbildung. Jungen Menschen müsse eine Orientierungsphase zur Berufswahl zugebilligt werden. Deren Dauer richte sich nach Alter, Entwicklungsstand und den Lebensumständen. In diesem Fall sei diese alles in allem noch im Rahmen.
Der Beschluss des OLG ist rechtskräftig.
una/LTO-Redaktion
OLG Hamm zu Unterhaltspflichten: . In: Legal Tribune Online, 29.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8826 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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