OLG Hamm zu Verkehrssicherungspflichten von Tankstellenbetreibern: Müll­ab­fuhr haftet anteilig für umge­fah­rene Prei­s­tafel

27.04.2017

Fährt ein Müllfahrzeug die Preistafel einer Tankstelle um, weil die Durchfahrthöhe verändert wurde, muss der Fahrer zahlen - teilweise auch für den Schaden, der erst durch das Eingreifen eines Dritten entstand. So sieht es das OLG.

Stellt eine Tankstellenbetreiberin auf ihrem Gelände einen neuen Mast mit Preisschild auf, der die bisherige Durchfahrtshöhe verringert, so trägt sie einen Teil des Schadens, wenn es zu einer Kollision kommt. Doch Fahrer und Eigentümer des kollidierenden Fahrzeugs müssen ebenfalls zahlen. Auch für den Schaden, welcher durch einen eingreifenden Dritten verursacht wurde, befand das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem nun bekannt gewordenen Urteil (Urt. v. 24.01.2017, Az. 9 U 54/15).

Wie bisher immer fuhr der Fahrer des Müllfahrzeugs an diesem Tag in die Zufahrt einer Tankstelle in Rheine, um dort die Müllbehälter zu leeren. Was er nicht wusste: Die Betreiberin der Tankstelle hatte kurz zuvor einen neuen Mast mitsamt Preistafel auf dem Gelände errichten lassen. Dieser ragte nun in die Zufahrt und verringerte die Durchfahrtshöhe auf genau 3,825 Meter - wenige Zentimeter zu niedrig für das Müllfahrzeug. Dies war weder gekennzeichnet noch dem Fahrer oder seinem Unternehmen mitgeteilt worden.

Das Fahrzeug rammte den Mast und beschädigte die noch nicht einbetonierte Vorrichtung. Statt das Fahrzeug zunächst einmal stehen zu lassen, fuhr der Fahrer wieder vom Mast weg, woraufhin dieser umzustürzen drohte. Ein zuvor unbeteiligter Dritter kam dazu, um den Mast wieder aufzurichten. Was gut gemeint war, ging nach hinten los: Die gesamte Konstruktion stürzte um.

LG wies Klage von Betreiberin ab

Der durch die Kollision mit dem Fahrzeug entstandene Schaden belief sich zunächst auf 13.500 Euro, erhöhte sich aber durch das Umstürzen auf rund 33.100 Euro. Nicht in Rede stand der Beitrag des Müllabfuhrunternehmens an dem entstandenen Schaden aufgrund der Betriebsgefahr des Fahrzeugs. Der Haftpflichtversicherer der Beklagten zahlte daher nach außergerichtlicher Einigung 4.500 Euro.

Die Tankstellenbetreiberin aber wollte mehr und verklagte Müllautofahrer und dessen Unternehmen als Gesamtschuldner auf Ersatz des restlichen Schadens. Vor dem Landgericht (LG) Münster hatten sie damit keinen Erfolg: Die Richter wiesen die Klage ab.

Die Klägerin habe ihre Verkehrssicherungspflicht bezüglich der Einfahrt verletzt und sei damit allein verantwortlich für den Schaden. Schließlich habe sie das Befahren mit dem fraglichen Fahrzeug bislang konkludent erlaubt, weshalb sie zur Kennzeichnung oder Information über die neue Zufahrtshöhe verpflichtet gewesen sei.

OLG: Verantwortlich für unqualifizierten Rettungsversuch Dritter

Das OLG sprach ihr nun zusätzlich zu den außergerichtlich vereinbarten 4.500 Euro, weitere 5.200 Euro zu. Wie aus dem Urteil hervorgeht, haften die Beklagten anteilig mit 20 Prozent für die durch den Aufprall des Fahrzeugs entstandene Beschädigung.

Darüber hinaus müssen sie aber auch den Umsturz des Mastes zu einem Drittel verantworten. Der Fahrer habe den Schaden vergrößert, indem er das Fahrzeug wieder vom Mast weggesetzt und die Instabilität des Mastes damit erhöht habe, führte der Senat aus. Das unqualifizierte Eingreifen der dritten Person sei vorhersehbar gewesen und daher von ihm mit zu verantworten.

Gleichwohl bleibe aber überwiegend die Tankstellenbetreiberin verantwortlich, da sie die neue Durchfahrtshöhe hätte mitteilen müssen, fand auch das OLG. Zudem habe sie es versäumt, die Befestigung des Mastes rechtzeitig fertig zu stellen.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Hamm zu Verkehrssicherungspflichten von Tankstellenbetreibern: Müllabfuhr haftet anteilig für umgefahrene Preistafel . In: Legal Tribune Online, 27.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22753/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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