Die Klage einer vom Abgasskandal betroffenen VW-Kundin auf Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs hat Aussichten auf Erfolg, meint das OLG Hamm. Jedenfalls genug, um der Frau Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Die Käuferin eines VW verlangt von dem Automobilkonzern die Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs gegen Rückgabe ihres vom Abgasskandal betroffenen Kfzs. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm hat diese Klage hinreichende Aussichten auf Erfolg. Der Senat bewilligte der VW-Kundin daher –in Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses- Prozesskostenhilfe für ihre beabsichtigte Klage (Beschl. v. 21.06.2016, Az. 28 W 14/16).
Die 34-jährige Kundin erwarb im Jahr 2011 ein Neufahrzeug vom Typ VW Polo Trendline 1,6 l TDI zum Preis von ca. 19.500 Euro. Nachdem sie im Oktober 2015 erfuhr, dass ihr Fahrzeug vom sogenannten Abgasskandal betroffen ist, verlangte sie vom Hersteller die Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeugs gegen Rückgabe des gekauften Fahrzeugs. VW lehnte dies jedoch mit der Begründung ab, das Fahrzeug sei nicht mangelhaft und das Nachlieferungsverlangen unverhältnismäßig. Allenfalls sei man bereit, das Fahrzeug nachzuarbeiten, wofür voraussichtlich Kosten von weniger als 100 Euro anfielen.
Nach Ansicht des OLG Hamm hat die VW-Kundin ihren Anspruch auf Nacherfüllung schlüssig vorgetragen. Sie habe mit hinreichender Erfolgsaussicht einen bereits bei der Fahrzeugübergabe vorhandenen Sachmangel geltend gemacht. Durch die Installation der Manipulationssoftware dürfte das Fahrzeug von der bei vergleichbaren Fahrzeugen üblichen Beschaffenheit abweichen.
Technische Umrüstung noch immer nicht zugelassen
Ob die Herstellerin die Nachlieferung aufgrund unverhältnismäßiger Kosten verweigern dürfe, obliege einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren. Dessen Ausgangs erscheint nach Ansicht des OLG Hamm jedoch offen, insbesondere wenn VW die Nachbesserung nicht innerhalb einer angemessenen Frist möglich ist: Dem Hersteller liege bisher keine Freigabe des Kraftfahrbundesamtes für die von ihm beabsichtigte technische Umrüstung vor. Zudem habe er auch nicht vorgetragen, wann mit der Freigabe zu rechnen sei und bis zu welchem Zeitpunkt die technische Maßnahme dann gegebenenfalls an dem Fahrzeug der Kundin umgesetzt werden könne. Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren bleibt abzuwarten.
Seit Bekanntwerden des Abgasskandals leiten viele Kunden des Automobilherstellers gerichtliche Schritte ein. Dabei sind auch ihre Rechtschutzversicherer zur Unterstützung verpflichtet, wie mehrfach von Landgerichten entschieden wurde. Dennoch erschien es von Beginn an fraglich, inwieweit ein Vorgehen betroffener Kunden gegen den VW Konzern erfolgversprechend ist. Während nach Angaben von Volkswagen acht Landgerichte die Klagen von Autobesitzern abgewiesen haben, hatte das Landgericht (LG) München I im April einem Kläger Recht gegeben.
nas/LTO-Redaktion
OLG Hamm zu Abgasskandal: . In: Legal Tribune Online, 04.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20205 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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