OLG Frankfurt verkündet Urteil: Lebens­lange Haft für Lübcke-Mörder

28.01.2021

Das OLG Frankfurt hat Stephan Ernst wegen Mordes an Walter Lübcke zu lebenslanger Haft verurteilt. Sein Geständnis könne ihm trotzdem noch zugute kommen, meint der Vorsitzende Richter.

Der Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU), Stephan Ernst, ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt stellte am Donnerstag zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen. Eine anschließende Sicherungsverwahrung behielt sich das Gericht vor (Urt. v. 28.01.2021, Az. 5-2 StE 1/20 - 5a).

Ernst hatte in der Nacht zum 2. Juni 2019 den Politiker Lübcke auf dessen Terrasse im Landkreis Kassel erschossen. Der 47-Jährige hatte dem Bundesanwalt zufolge ein rechtsextremistisches, fremdenfeindliches Motiv. Auslöser sollen Äußerungen Lübckes gewesen sein, der 2015 die Aufnahme von Flüchtlingen verteidigte.

Ernst hatte die Tat wiederholt gestanden - jedoch in drei unterschiedlichen Versionen. Dabei belastete er zuletzt den Mitangeklagten Markus H., der mit am Tatort gewesen sei. H. selbst hatte sich nicht geäußert. Seine Anwälte hatten eine Tatbeteiligung des als Rechtsextremist bekannten Mannes bestritten und Freispruch gefordert.

Das OLG verurteilte H. am Donnerstag zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Ursprünglich war er wegen Beihilfe zum Mord angeklagt gewesen.

Vorsitzender Richter: Geständnis könnte Ernst noch zugute kommen

Der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel erklärte, das Geständnis könne Ernst noch zugute kommen: "Ich habe gesagt: Ein Geständnis wirkt sich perspektivisch immer zugunsten des Angeklagten aus", sagte Sagebiel bei der Urteilsverkündung am Donnerstag. Das sei auch bei Ernst der Fall.

Zwar habe das Gericht keinen Spielraum bei der Verurteilung zu lebenslanger Haft und der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gehabt. Aber Ernst habe nun die Möglichkeit, mit einem Aussteigerprogramm für Rechtsextreme zusammenzuarbeiten, Einfluss auf die mindestens zu verbüßende Strafe zu nehmen und Sicherungsverwahrung zu vermeiden.

Nebenkläger in dem 45 Tage dauernden Prozess war unter anderem die Familie Lübckes - seine Ehefrau und zwei Söhne. Der Prozess fand wegen der Corona-Pandemie unter strengen Hygieneauflagen statt.

Schüler halten Mahnwache ab

Um zur Urteilsverkündung einen Platz im Zuschauerraum zu bekommen, waren zahlreiche Prozessbesucher schon Stunden vor Verhandlungsbeginn erschienen. "Ich bin seit gestern um 17 Uhr hier", sagte ein Mann aus der nordhessischen Heimatregion Lübckes, der auf Platz 1 in der Warteschlange war. Viele hatten sich mit Decken, Regenschirmen und Thermoskannen auf eine lange Nacht eingestellt. Wegen der Corona-Maßnahmen muss auch im Gerichtssaal Abstand gehalten werden. Im Zuschauerbereich finden daher nur 18 Besucher Platz, außerdem gibt es 19 Plätze für Journalisten auf der Pressetribüne.

Vor der Urteilsverkündung hielten Schüler aus Nordhessen eine Mahnwache ab und forderten eine härtere Strafverfolgung rechtsextremer Gewalt. Vor dem OLG hielten sie am Donnerstag Porträts des ermordeten CDU-Politikers in die Höhe und ein Transparent mit der Aufschrift "Demokratische Werte sind unsterblich". Die Schüler stammen aus dem Heimatort Lübckes, Wolfhagen, ihre Schule war in "Walter-Lübcke-Schule" umbenannt worden. 

"Mit dem Urteilsspruch ist die Aufarbeitung des Falls nicht abgeschlossen. Die Gefahr, die von rechtsextremen Gewalttaten ausgeht, bleibt", hieß es in einer Mitteilung, die sie gemeinsam mit der Initiative "Offen für Vielfalt - Geschlossen gegen Ausgrenzung" verteilten.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Frankfurt verkündet Urteil: . In: Legal Tribune Online, 28.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44117 (abgerufen am: 10.12.2024 )

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