OLG Frankfurt zum Rechtsfahrgebot: Wer dem Ver­kehr ent­gegen fährt, muss besser auf­passen

19.06.2017

Ein Fahrradfahrer, der einen Schutzstreifen entgegen der Fahrtrichtung befährt, verstößt gegen das Rechtsfahrgebot und unterliegt damit gesteigerten Sorgfaltspflichten, so das OLG Frankfurt in einem Hinweisbeschluss.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat auf die erhöhten Sorgfaltsanforderungen hingewiesen, die einen Fahrradfahrer träfen, der einen sog. Fahrrad-Schutzstreifen in Gegenrichtung befährt. Er verstoße damit gegen das Rechtsfahrgebot, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Hinweisbeschluss (Beschl. v. 09.05.2017, Az. 4 U 233/16).

Ein Fahrradfahrer fuhr entgegen dem Verkehr auf einem Fahrrad-Schutzstreifen in der belebten Innenstadt von Frankfurt am Main. Mit einer Geschwindigkeit von zehn bis zwölf Kilometer pro Stunde kollidierte er mit einem Fußgänger, der gerade die Straße in der Nähe eines Fußgängerüberwegs überqueren wollte.

Beide Beteiligten hatten sich vor dem Unfall nicht wahrgenommen. Der Fußgänger stürzte und brach sich unter anderem ein Gelenk. Deswegen hat er den Fahrradfahrer auf Schmerzensgeld und weiteren Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Unfall in Anspruch genommen.

OLG: Radfahrer verstößt gegen Rechtsfahrgebot

Fahrrad-Schutzstreifen sind Teil der Fahrbahn und werden durch eine dünne, unterbrochene Linie gekennzeichnet. Autos dürfen auf diesem Streifen kurzzeitig halten und ihn ausnahmsweise befahren, wenn die Straße andernfalls zu eng ist.

Das Landgericht (LG) Frankfurt hatte dem Fußgänger ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € sowie weiteren Schadensersatz zugesprochen. Zur Begründung hatte es ausgeführt, dass der Unfall auf ein ganz überwiegendes Fehlverhalten des Fahrradfahrers zurückzuführen sei.

Die hiergegen gerichtete Berufung hielt das OLG für unbegründet. Auf einen entsprechenden Hinweis hin hat der Beklagte nunmehr seine Berufung zurückgenommen. Die Frankfurter Richter führten an, dass der Beklagte den Fahrrad-Schutzstreifen verbotswidrig genutzt habe. Er habe damit gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, welches sich aus § 2 Abs. 2 u. 3 Straßenverkehrsordnung (StVO) ergebe.  Dieses Fehlverhalten löse gesteigerte Sorgfaltspflicht aus.

Fußgänger musste nicht mit Radfahrer rechnen

Der Radfahrer habe deshalb insbesondere darauf achten müssen, ob Fußgänger die Straße überqueren wollen. Fußgänger müssten hingegen nicht mit einem von rechts verbotswidrig herannahenden Radfahrer rechnen. Dies gelte in besonderer Weise im Bereich einer Einbahnstraße, da dort kein Autoverkehr von rechts drohe. Außerdem müssten Fahrradfahrer in der Innenstadt grundsätzlich ihre Fahrweise einem erhöhten Fußgängeraufkommen anpassen.

Zudem sei der Radfahrer in der konkreten Situation zu schnell gefahren. Er hätte die Gefährdung insbesondere älterer Menschen ausschließen müssen. Dies sei hier bei der Geschwindigkeit von zehn bis zwölf Kilometer pro Stunde nicht möglich gewesen. Den klagenden Fußgänger treffe hingegen nur ein Mitverschulden von 10 Prozent, da er die Straße nicht auf dem sechs bis acht Meter von der Unfallstelle entfernten Fußgängerüberweg überquert habe.

Für die Unfallfolgen muss der Radfahrer persönlich haften, da er über keine Haftpflichtversicherung verfügt.

mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Frankfurt zum Rechtsfahrgebot: Wer dem Verkehr entgegen fährt, muss besser aufpassen . In: Legal Tribune Online, 19.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23218/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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