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OLG Frankfurt: Mit­an­ge­klagter im Lübcke-Pro­zess kommt aus U-Haft frei

01.10.2020

Der Mitangeklagte Markus H. (l) betritt am 22.09.2020 mit Mund-Nasen-Schutz den Gerichtssaal.

picture alliance/dpa/Getty Images Europe/Pool | Thomas Lohnes

Das OLG Frankfurt hat den Haftbefehl gegen den wegen Beihilfe zum Mord an Walter Lübcke angeklagten Markus H. aufgehoben. Das Gericht zieht damit seine Schlüsse aus widersprüchlichen Aussagen des Hauptangeklagten E.

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Im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wird der wegen Beihilfe angeklagte Markus H. aus der Untersuchungshaft entlassen. Es gebe keinen dringenden Tatverdacht mehr gegen ihn, so das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Donnerstag. Es folgte damit einem Antrag der beiden Verteidiger von H. (Beschl. v. 01.10.2020, Az. 5 – 2 StE 1/20-5a – 3/20).

Die Bundesanwaltschaft hatte H. in der Anklage vorgeworfen, den mutmaßlichen Haupttäter Stephan E. ideologisch beeinflusst und unter anderem so Beihilfe zum Mord geleistet zu haben. Sie geht von einem rechtsextremistischen Hintergrund für die Tat aus.

Der Senat hob den Haftbefehl nun auf. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass H. nicht mehr dringend verdächtig sei, sich der Behilfe zum Mord schuldig gemacht zu haben, hieß es in einer Mitteilung des Gerichts. Es sei nicht mehr in hohem Maße wahrscheinlich, dass H. die Tötung von Lübcke durch E. zumindest für möglich gehalten hat.

E. hatte - allerdings in mehreren unterschiedlichen Versionen - gestanden, Lübcke erschossen zu haben. Laut einer von E.s Aussagen vor Gericht war H. bei der Tat im Juni vergangenen Jahres in Nordhessen dabei nur anwesend. In einem anderen Geständnis während der Ermittlungen hatte er wiederum angegeben, der Schuss habe sich versehentlich gelöst, als H. selbst die Waffe gehalten habe. 

OLG glaubt E. nicht

E. und H. sind ehemalige Arbeitskollegen, die sich nach Angaben von E. mit der Zeit angefreundet hatten. H. war demnach derjenige, der E. politisch beeinflusst habe, nachdem dieser sich vor Jahren aus der rechten Szene gelöst habe. Er habe ihn auch zu gemeinsamen Schießübungen im Wald mitgenommen, hatte E. in seinen Geständnissen angegeben. Bei der Durchsuchung der Wohnung von H. hatten die Ermittler nach dem Mord an Lübcke zahlreiche NS-Devotionalien gefunden. Auf der gelöschten Festplatte seines Computers entdeckten sie zahlreiche Texte mit rechtsextremen und antisemitischen Inhalten.

Nach dem bisherigen Ergebnis der Hauptverhandlung hat der Senat nun aber "erhebliche Zweifel an der Richtigkeit" der Angaben von Stephan E., wie er in seiner Mitteilung vom Donnerstag kundtut. Auch eine Mittäterschaft an der Tötung hält das Gericht demnach für unwahrscheinlich. E. habe, so das OLG, während des Ermittlungsverfahrens zwei verschiedene Versionen des Tatgeschehens geschildert und in der Hauptverhandlung eine weitere Variante beschrieben. Dabei habe er die Beteiligung von H. laut Gericht jeweils "völlig unterschiedlich" geschildert. Neben den in mehreren Punkten "unplausiblen" Einlassungen von E. komme hinzu, dass H.s Handy zur Tatzeit in einem vom Tatort weit entfernten Funkmast eingeloggt gewesen sei.

H. sei aber weiter dringend verdächtig, ohne Erlaubnis ein Griffstück an einer nicht schussfähigen Maschinenpistole befestigt zu haben. Die Straferwartung hierfür sei jedoch so gering, dass sie zu einer Fordauer der Untersuchungshaft außer Verhältnis stehe. H. saß insgesamt ein Jahr und drei Monate in Untersuchungshaft.

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

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OLG Frankfurt: . In: Legal Tribune Online, 01.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42975 (abgerufen am: 14.05.2025 )

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