Druckversion
Samstag, 27.05.2023, 04:23 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/olg-frankfurt-am-main-6uf12021-coronavirus-covid19-impfung-kinder-jugendliche-entscheidung-einwilligung-kindeswille-eltern-konflikt-1628-bgb/
Fenster schließen
Artikel drucken
45810

OLG Frankfurt a.M. zur Einwilligung der Eltern in Impfung: Ent­scheiden darf, wer der STIKO folgt

24.08.2021

Ein Kind wird geimpft.

vejaa - stock.adobe.com

Ob ein Kind einen Covid19-Impfstoff erhalten soll oder nicht, entscheidet im Konfliktfall der Elternteil, der sich an der STIKO-Empfehlung orientiert. Dass das auch im Fall eines 16-Jährigen gilt, hat das OLG Frankfurt a.M. entschieden.

Anzeige

Die Entscheidung über die Durchführung einer Covid19-Impfung bei einem Kind liegt bei dem Elternteil, der sich an den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) orientiert. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main im Fall eines 16-Jährigen entschieden und klargestellt, dass auch ein Kind in diesem Alter noch auf die Einwilligung der Eltern angewiesen ist (Beschl. v. 17.08.2021, Az. 6 UF 120/21). Im Fall eines jüngeren Kindes hatte das OLG bereits eine Entscheidung gefällt.

Das OLG hatte sich mit dem Fall eines 2005 geborenen Kindes beschäftigt, das aufgrund von Vorerkrankungen zu dem von der STIKO empfohlenen Kreis der Impfberechtigten mit einem mRNA-Impfstoff gehört. Der Vater und das 16-jährige Kind selbst befürworteten eine Impfung, die Mutter jedoch nicht. Laut Pressemitteilung des OLG bezeichnete sie die Impfung als "Gentherapie". Die Eltern sind geschieden. Der Vater stellte in der Folge einen Antrag auf alleinige Befugnis zur Entscheidung über die Impfung, die im Wege der einstweiligen Anordnung vom zuständigen Familiengericht* vorläufig erteilt wurde.

Auch der Kindeswille ist zu beachten

Dagegen wandte sich die Mutter vor dem OLG und scheiterte. Das Gericht stützte seine Entscheidung dabei auf § 1628 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach bei Uneinigkeit der Eltern in einer einzelnen Angelegenheit die Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil übertragen werden kann. Die Entscheidung über die Covid19-Impfung sei eine solche Angelegenheit. Außerdem stellte das OLG laut Pressemitteilung klar, dass auch ein 16-jähriger bei einem nicht geringfügigen medizinischen Eingriff die Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern benötigt.

Die Entscheidungsbefugnis sei dem Elternteil zu übertragen, welches die Impfung entsprechend der STIKO-Empfehlungen befürwortet. Bereits zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung sei eine Impfung für Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahre mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf empfohlen worden. Da das 16-jährige Kind an Adipositas leide, sei diese Voraussetzung im konkreten Fall gegeben.

Zudem stellte das OLG klar, dass auch der Kindeswille nach § 1697 a BGB zu beachten sei, wenn Alter und Entwicklungsstand des Kindes es ermöglichen, eine eigenständige Meinung zum Gegenstand des Sorgerechtsstreits zu bilden. Auch diese Voraussetzungen lagen im konkreten Fall vor. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Die erste Impfung des Jungen ist nach Auskunft des Gerichts bereits erfolgt.

*Gericht der Vorinstanz korrigiert am 30.08.2021, 12.37 Uhr.

pdi/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

OLG Frankfurt a.M. zur Einwilligung der Eltern in Impfung: Entscheiden darf, wer der STIKO folgt . In: Legal Tribune Online, 24.08.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45810/ (abgerufen am: 28.05.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Familienrecht
    • Coronavirus
    • Familie
    • Gesundheit
    • Kinder
  • Gerichte
    • Oberlandesgericht Frankfurt am Main
24.05.2023
Coronavirus

VG Minden zu geimpfter Lehrerin:

Impf­schaden ist kein Dien­st­un­fall

Eine Lehrerin, die Corona-Impfschäden erlitten hat, kann kann diese nicht als Dienstunfall geltend machen, so das VG. Der Dienstherr habe die Impfung nicht angeordnet und das private Interesse an einem frühen Impfschutz habe überwogen.

Artikel lesen
23.05.2023
Volksverhetzung

Ikone der "Querdenker":

Bhakdi vom Vor­wurf der Volks­ver­het­zung frei­ge­spro­chen

Unter Applaus und Jubel seiner Anhänger erscheint der wegen Volksverhetzung angeklagte Mediziner und Autor Sucharit Bhakdi am AG in Plön. Am Abend wurde er freigesprochen.

Artikel lesen
28.05.2023
Referendariat

Gestrichene Prüfungsorte in Bayern:

Laptop und Land­straße

Bayern streicht Prüfungsstandorte, um das E-Examen einzuführen. Das schafft Ungleichheit und macht nicht nur die Juristenausbildung unattraktiver, sondern wird auch zum übergeordneten Glaubwürdigkeitsproblem für die Politik, meint Holm Putzke.

Artikel lesen
27.05.2023
BVerfG

Abschied von Baer und Britz am BVerfG:

"Diver­sität ist berei­chernd"

In einer bewegenden Abschiedsrede reflektierte Susanne Baer ihre Rolle als erste offen lesbische Verfassungsrichterin. Sie und Gabriele Britz warnten vor populistischen Angriffen auf das BVerfG. Christian Rath hat zugehört.

Artikel lesen
26.05.2023
Richter

Bund Deutscher Verwaltungsrichter kritisiert Politik:

Deut­sch­land soll seine Richter end­lich besser bezahlen

Mit einer Besoldung, die sich nur an den verfassungsrechtlichen Minimalanforderungen orientiert, wird die Justiz nicht zukunftsfähig sein, bemängelt der BDVR und fordert deshalb schnelle Maßnahmen des Gesetzgebers.

Artikel lesen
26.05.2023
Anwaltsberuf

BGH zur Anwaltszulassung von Geflüchteten:

Keine RAK-Mit­g­lied­schaft ohne Papiere

In der Türkei zugelassene Rechtsanwälte, die nach dem Putschversuch 2016 nach Deutschland geflüchtet sind, haben ohne Nachweise laut BGH keinen Anspruch auf Aufnahme in eine deutsche RAK. Martin W. Huff sieht den Gesetzgeber in der Pflicht.

Artikel lesen
TopJOBS
Schu­lungs­re­fe­rent ju­ris­ti­sche Soft­wa­re­lö­sun­gen / Cli­ent Trai­ner (m/w/d) -...

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Han­no­ver

Geld ver­die­nen als Te­le­fon­an­walt / Te­le­fon­an­wäl­tin

DAHAG Rechtsservices AG , 100% Re­mo­te

Rich­ter/in auf Pro­be (m/w/d)

Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt , Mag­de­burg

Voll­ju­ris­ten (m/w/d) – Ih­re Zu­kunft in der hes­si­schen Jus­tiz

Hessisches Ministerium der Justiz , Wies­ba­den

Key Ac­co­unt Ma­na­ger Pu­b­lic (Ho­me Of­fice) (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , 100% Re­mo­te

Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Frank­furt am Main

Ju­rist als Di­gi­tal Con­tent Ma­na­ger / Re­dak­teur (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder Frei­be­ruf­ler

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
Women@CliffordChance

06.06.2023

Karrieretag Jura München

23.06.2023, München

Fireside Chat Private Equity: Deals, Dinner & Drinks

15.06.2023, Frankfurt am Main

Verhandlungsworkshop - Take the role as negotiator!

22.06.2023

Fortbildung IT-Recht im Selbststudium/online

30.05.2023

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH