Der Fall der Gießener Ärztin Kristina Hänel, die unerlaubt für Schwangerschaftsabbrüche geworben haben soll, muss erneut verhandelt werden. Durch die geänderte Rechtslage könne sie straflos sein, so das OLG Frankfurt in der Revision.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aufgehoben. Hintergrund sei die seit Ende März geänderte Rechtslage, teilte das Gericht am Mittwoch in Frankfurt mit. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Ärztin danach straflos wäre. Das Landgericht (LG) Gießen müsse sich nun erneut mit dem Fall befassen (Beschl. v. 27.06.2019, Az. 1 Ss 15/19).
Hänel war im November 2017 vom Amtsgericht (AG) Gießen zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro, 40 Tagessätz à 150 Euro, verurteilt worden. Das Gericht begründete dies damit, dass Hänel auf ihrer Homepage für Schwangerschaftsabbrüche werbe, was gegen den Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch (StGB) verstoße, der das öffentliche Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen untersagt. Der Fall hatte in Deutschland eine breite Debatte darüber ausgelöst, welche Informationen Ärzte zu Schwangerschaftsabbrüchen straflos geben dürfen.
Hänels Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil wies das LG Gießen im Oktober 2018 ab. Ihr Anwalt hatte damals in seinem Plädoyer den Paragrafen 219a in seiner jetzigen Form als verfassungswidrig bezeichnet, da er die Berufsfreiheit von Ärzten und das Informationsrecht der schwangeren Frauen verletze.
Straflos nach neuer Rechtslage?
Schließlich wurde Ende März dieses Jahres der umstrittene Paragraf um einen vierten Absatz ergänzt, der Klarheit und Rechtssicherheit für Ärzte, Krankenhäuser und andere Einrichtungen schaffen soll, unter welchen Voraussetzungen sie straflos öffentlich über Schwangerschaftsabbrüche informieren dürfen.
Das OLG in Frankfurt hob das Urteil der Berufungsinstanz auf und verwies die Sache zurück an das LG Giesen. Grund dafür sei die Gesetzesänderung nach Erlass des landgerichtlichen Urteils. Denn das Revisionsgericht habe gemäß § 354a Strafprozessordnung (StPO) einerseits die neue Gesetzeslage zu berücksichtigen, sei aber andererseits auch an die Feststellungen des LG gebunden. Deswegen hätte das Urteil aufgehoben werden müssen, so die Frankfurter Richter.
Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Ärztin nach der neuen Rechtslage straflos wäre. Dafür müsste die Sache aber vor dem LG Gießen nochmals neu verhandelt werden, entschieden das OLG Frankfurt.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
OLG Frankfurt a.M. zur Werbung für Schwangerschaftsabbruch: . In: Legal Tribune Online, 03.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36253 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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