Bei Werbeaussagen von Ärzten gehen Verbraucher eher nicht von reklamehaften Übertreibungen aus, findet das OLG Frankfurt. Eine Kieferorthopädin darf deswegen nicht mit "perfekten Zähnen" werben.
In einem juristischen Streit zwischen zwei Kieferorthopäden darf eine Ärztin nicht länger mit dem Versprechen perfekter Zähne durch Einsatz eines Zahnschienen-Systems werben. Die Werbung für "perfekte Zähne" sei ein unzulässiges Erfolgsversprechen im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), wie das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil entschied (Urt. v. 27.02.2020, Az. 6 U 219/19).
Eine andere Kieferorthopädin hatte die Angaben auf der Homepage der Kollegin für unzulässig gehalten. Vor dem Landgericht war die mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst gescheitert. Die Berufung hatte vor dem OLG nun aber Erfolg. Gemäß § 3 S. 2 Nr. 2 a HWG sei es unzulässig, durch Werbeaussagen den Eindruck hervorzurufen, dass ein bestimmter Erfolg "sicher" eintrete, so das Gericht.
Die Angabe "perfekte Zähne" sei kein reines subjektives Werturteil. "Zwar mag die Perfektion von Zähnen nicht vollständig objektivierbar sein", konstatierte das OLG. Offensichtlich aber gehe es hier um die Korrektur von Zahnfehlstellungen. "Der Umstand, ob Zähne gerade sind oder nicht, lässt sich durchaus vom Standpunkt eines objektiven Betrachters beurteilen und wird in der Werbung auch fotografisch dargestellt", führte das OLG weiter aus. Damit enthalte die Werbeaussage einen objektiven Tatsachenkern, der zugleich ein Erfolgsversprechen beinhalte.
OLG: Verbraucher nimmt Angaben im Zweifel ernst
Der angesprochene Verkehr verstehe das Werbeversprechen der Perfektion im hier gegebenen Kontext auch nicht als bloße reklamehafte Übertreibung, befand das Gericht. Zwar sei dem Verbraucher geläufig, dass Superlative in der Werbung oft nur als Anpreisungen und nicht als Tatsachenbehauptung verwendet werden. Dies gelte jedoch nicht bei dem Werbeauftritt einer Ärztin.
Bei diesen bestehe laut Gericht eine andere Verkehrserwartung als bei Werbemaßnahmen "normaler" Unternehmen. Der Verbraucher bringe Ärzten aufgrund ihres Heilauftrags ein besonderes Vertrauen entgegen und gehe daher von einer gewissen Objektivität und Zurückhaltung bei Werbeangaben aus. Folglich sei er weniger geneigt, von einer bloßen reklamehaften Übertreibung auszugehen. "Er nimmt die Angaben in Zweifel ernst", resümiert das OLG. Die im Eilverfahren mit mündlicher Verhandlung ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.
acr/LTO-Redaktion
OLG Frankfurt zur Werbung einer Kieferorthopädin: . In: Legal Tribune Online, 14.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41289 (abgerufen am: 04.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag