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OLG Frankfurt zum Aufenthaltsbestimmungsrecht: Kin­der­wille nicht immer zu ihrem Wohl

14.11.2018

Kind hat seine Sachen gepackt und will ausziehen (Symbol)

© esthermm - stock.adobe.com

Nach der Trennung leben die Kinder erst nur bei der Mutter, wollen zwei Jahre später aber lieber beim Vater wohnen. Zu einem Umzug wird es aber nicht kommen, entschied nun das OLG Frankfurt. Der Wunsch der Kinder entspreche nicht ihrem Wohl.

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Hat das Familiengericht nach Trennung der Eltern den Aufenthalt eines Kindes einem Elternteil zugeordnet, müssen triftige Kindeswohlgründe vorliegen, um später eine andere Umgangsregelung anzuordnen. Der Kindeswille stellt dabei nur einen von mehreren Gesichtspunkten bei der Ermittlung des Kindeswohls dar, betont das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss (Beschl. v. 16.01.2018, Az. 1 UF 74/18).

Das OLG hatte den Fall einer Familie mit drei Kindern zu entscheiden. Nach der Trennung der Eltern ordnete das Familiengericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Kinder der Mutter zu (Residenzmodell). Rund zwei Jahre später beantragte der Vater dann, die Entscheidung abzuändern und ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Hilfsweise beantragte er, ein paritätisches Wechselmodell anzuordnen, bei dem die Kinder wöchentlich zwischen den getrennten Eltern wechseln. Die Kinder selbst hatten sich bei einer Anhörung für einen Aufenthalt beim Vater ausgesprochen.

Das Familiengericht lehnte beide Anträge ab, ordnete aber einen "ausgedehnten Umgang" an. Demnach sollten sich die Kinder alle zwei Wochen von Donnerstagabend bis Montagmorgen beim Vater aufhalten. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte nun aber auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Abänderung nur in engen Grenzen

Für die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells lägen keine "triftige(n), das Wohl der Betroffenen Kinder nachhaltig berührenden Gründe i. S. d. § 1696 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)" vor, entschied das OLG. Die Norm solle sicherstellen, dass "bereits getroffene gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen der Abänderung unterliegen, um dem Prognosecharakter jeder Kindeswohl orientierten Entscheidung einerseits und der Verbindlichkeit gerichtliche Entscheidungen andererseits Rechnung zu tragen".

Für die Ermittlung des Kindeswohls sei der Wille der Kinder aber nur eins von mehreren Kriterien, so das Gericht. Zudem müsse betrachtet werden, wie die Äußerungen der Kinder zustanden kamen. Sachverständige waren in dem Verfahren zu dem Schluss gekommen, dass der Wille der Kinder nicht autonom gebildet worden sei. Sie verbänden mit der Frage, ob sie bei ihm wohnen wollten, Vorzüge wie Haus, Garten, Spielmöglichkeiten und ein Haustier. Darüber hinaus habe der Vater "starke Beeinflussungs- oder gar Instrumentalisierungstendenzen" gezeigt.

Das Gericht betonte aber, dass kein grundsätzlich zu bevorzugendes Betreuungsmodell existiere. Jede Umgangsentscheidung müsse sich im Einzelfall nach den allgemeinen Kindeswohlkriterien ausrichten. Neben dem Kindeswille zählen dazu auch Kriterien wie die Erziehungseignung der Eltern oder die Prinzipien der Förderung und Kontinuität. Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassene Rechtsbeschwerde ist bereits beim Bundesgerichtshof (BGH) anhängig (Az. XII ZB 512/18).

acr/LTO-Redaktion

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OLG Frankfurt zum Aufenthaltsbestimmungsrecht: Kinderwille nicht immer zu ihrem Wohl . In: Legal Tribune Online, 14.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32091/ (abgerufen am: 17.05.2022 )

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