Einige OLG haben bereits entschieden, dass VW im Abgasskandal sittenwidrig geschädigt hat. Wer nach Bekanntwerden des Dieselskandals einen gebrauchten VW gekauft hat, kann sich darauf aber nicht mehr berufen, entschied das OLG Frankfurt.
Der Käufer eines gebrauchten, bereits mit dem Softwareupdate versehenen VW Sharan kann sich nicht auf Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegenüber VW berufen, wenn der Ankauf ein Jahr nach der Veröffentlichung der Ad-Hoc-Mitteilung von VW über den Dieselskandal sowie zahlreicher öffentlichkeitswirksamer Informationen erfolgte. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main am Mittwoch entschieden (Urt. v. 06.11.2019, Az. 13 U 156/19).
Damit wies das Gericht die Klage eines Mannes gegen VW auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung ab. Der Kläger erwarb den gebrauchten VW Sharan im Oktober 2016, das vom Kraftfahrt-Bundesamt vorgeschriebene Softwareupdate für die Abgasrückführung war da bereits aufgespielt. Er habe aber keine Kenntnis davon gehabt, dass VW vom Abgasskandal betroffen sei, so der Kläger vor Gericht. Zudem habe VW die tatsächliche Tragweite des betrugs zu keinem Zeitpunkt bekanntgegeben.
Am OLG hatte der Käufer mit seiner Klage keinen Erfolg. Der ursprüngliche Sittenwidrigkeitsvorwurf gegenüber VW beruhe darauf, dass mit der Herstellung und dem Inverkehrbringen des vom Abgasskandal betroffenen Motortyps EA 189 konkludent die "öffentliche Erklärung gegenüber einem potenziellen Erwerberkreis verbunden war, sein Einsatz im Straßenverkehr im Rahmen seines Verwendungszwecks sei uneingeschränkt zulässig", erläuterte das OLG. Dieser Sittenwidrigkeitsvorwurf entfalle, wenn VW gleichwertige, an die Öffentlichkeit gerichtete Maßnahme mit demselben Wirkungsgrad ergriffen habe, um den potentiellen Erwerberkreis über die ursprüngliche Täuschung aufzuklären.
VW hat ausreichend informiert
Es komme damit nicht darauf an, ob VW mit den Aufklärungsmaßnahmen tatsächlich alle Gebrauchtwagenkunden erreicht habe. Ausreichend seien solche Aufklärungsmaßnahmen, "von denen sämtliche potenzielle Kaufinteressenten mit üblichen Informationsgewohnheiten hätten Kenntnis nehmen können", resümierte das Gericht. Dies sei hier der Fall, da VW bereits im September 2015 eine Ad-hoc-Mitteilung nach dem Wertpapierhandelsgesetz veröffentlichte und im Oktober 2015 bereits über den Rückruf der Dieselfahrzeuge informierte.
In den vergangenen Monaten haben diverse Gerichte die Ansicht vertreten, dass VW durch den Einbau einer manipulierten Abschaltvorrichtung seine Kunden vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, zuletzt etwa die OLG in Koblenz und Köln. Anfang September sprach dann auch das OLG Hamm einer Kundin Schadensersatz auf dieser Grundlage zu - und das, obwohl zum Zeitpunkt des Kaufs bereits über den Abgasskandal berichtet worden war. Die OLG in Naumburg und Stuttgart billigten auch Gebrauchtwagenkäufern Schadensersatz zu, jedoch wurde das Softwareupdate in den dort entschiedenen Fällen erst einige Zeit nach dem Kauf angeboten.
acr/LTO-Redaktion
OLG Frankfurt zu Gebrauchtwagenkauf nach Dieselskandal: . In: Legal Tribune Online, 06.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38569 (abgerufen am: 07.10.2024 )
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