Freiheitsstrafen zwischen zehn und vier Jahren: Im Prozess gegen die rechtsextreme "Gruppe Freital" ist das OLG Dresden im Wesentlichen der Anklage der Bundesanwaltschaft gefolgt.
Im Prozess gegen die rechtsextreme "Gruppe Freital" hat das Oberlandesgericht Dresden (OLG) lange Haftstrafen verhängt (Urt. v. 07.03.2017, Az. 4 St 1/16). Die sieben angeklagten Männer und eine Frau wurden am Mittwoch unter anderem wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung, des Herbeiführens von Sprengstoffexplosionen und versuchten Mordes beziehungsweise Beihilfe dazu schuldig gesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Ein Jahr lang war in Dresden gegen die rechtsextreme "Gruppe Freital" verhandelt worden. Die beiden als Rädelsführer angeklagten Timo S. (29) und Patrick F. (26) erhielten zehn und neuneinhalb Jahre. Der zur Tatzeit erst 18 Jahre alte Justin S., der im Prozess umfangreich ausgesagt hatte, erhielt eine Jugendfreiheitsstrafe von vier Jahren. Da der heute 20-Jährige bereits seit fast zwei Jahren in Untersuchungshaft sitzt, wurde der Haftbefehl gegen ihn mit der Urteilsverkündung aufgehoben. Auch wurde er als einziger Verurteilter von den Verfahrenskosten entlastet.
Bei der einzigen Frau in der Gruppe, der 29 Jahre alten Maria K., erkannte das Gericht auf Beihilfe zum versuchten Mord. Sie wurde zu einer Gefängnisstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. Ebenfalls zu fünfeinhalb Jahren als Gehilfe eines versuchten Mordes wurde der 39 Jahre alte Mike S. verurteilt. Die übrigen vier Beschuldigten im Alter von 27, 30 und 40 Jahren erhielten Freiheitsstrafen zwischen acht und fünf Jahren. Alle sind bereits seit November 2015 beziehungsweise Frühjahr 2016 in Untersuchungshaft.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Gruppe aufgrund rechtsextremer Gesinnung in wechselnder Besetzung und Tatbeteiligung 2015 insgesamt fünf Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und politische Gegner in Freital und Dresden verübt hat.
So wurde das Auto eines Freitaler Stadtrates gesprengt und ein Parteibüro der Linken in dem Dresdner Vorort angegriffen. Außerdem wurden in Deutschland nicht zugelassene Pyrotechnik aus Tschechien an Fenstern zweier Flüchtlingsunterkünfte in Freital zur Explosion gebracht und ein alternatives Wohnprojekt von Flüchtlingsunterstützern in Dresden gemeinsam mit Mitgliedern der rechtsextremen "Freien Kameradschaft Dresden" überfallen. Insgesamt wurden zwei Menschen leicht verletzt.
Terror gegen Asylsuchende
Asylsuchende und ihre Helfer seien nächtlichen Anschlägen ausgesetzt worden, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Fresemann: "Ihr Leben war konkret gefährdet." Innerhalb von nur drei Monaten habe sich die Gruppe immer mehr radikalisiert, die Brutalität ihres Vorgehens zugenommen. Es sei unklar, wo das geendet hätte, so der Richter. Die von Verteidigern geäußerte Kritik, die Anklage wegen Bildung einer Terrorvereinigung sei überzogen, wies er zurück. "Wer hier ein Exempel sieht, verkennt, wer die Opfer sind."
Der Karlsruher Oberstaatsanwalt Jörg Hauschild sah seine Anklage durch den Richterspruch bestätigt. "Das Urteil entspricht dem, was wir beantragt haben." Wichtig sei der Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung gewesen. "Das ganze Verfahren hat Signalwirkung", sagte er der dpa.
In der Politik wurde das Urteil größtenteils mit Erleichterung aufgenommen worden. Vertreter der Linken, SPD und Grünen sprachen von einem "klaren Signal" oder "harten, aber gerechten" Strafen.
"Konsequent gegen rechtsextreme Terrorstrukturen"
"Die jetzt verhängten Haftstrafen sind ein deutliches Zeichen: Das Urteil des OLG Dresden bestätigt nach einjähriger Verhandlungszeit, dass hier eine rechtsterroristische Vereinigung am Werk war, die Todesopfer in Kauf genommen hätte", sagte die Extremismusexpertin der Linksfraktion, Kerstin Köditz. Ähnlich äußerte sich der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Henning Homann: "Davon geht ein klares Signal aus: Der Staat geht konsequent gegen rechtsextreme Terrorstrukturen vor."
Grünen Landeschef Jürgen Kasek sieht in dem Spruch auch ein "Signal an die Ermittlungsbehörden, genauer hinzuschauen und stärker nach rassistischen und menschenfeindlichen Motiven der Tat zu suchen." Nun sei auch klar, "dass das dann keine Lausbubenstreiche waren - wie etwa der CDU-Bürgermeister von Freital gesagt hat -, sondern es sind ganz ernste und sehr schwerwiegende Straftaten, die hier begangen wurden."
dpa/hs/LTO-Redaktion
OLG Dresden verurteilt Rechtsextremisten: . In: Legal Tribune Online, 07.03.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27389 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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