Vor mehr als zwei Jahren wurde der frühere SS-Mann Gröning verurteilt. Seither stellt sich die Frage: Kann der 96-Jährige ins Gefängnis? Das OLG Celle sagt nun ja. Laut Grönings Anwälten haben die Richter einen wichtigen Punkt übergangen.
Der wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verurteilte frühere SS-Mann Oskar Gröning kann nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle ins Gefängnis. Wie am Mittwoch bekannt wurde, hat das Gericht eine Beschwerde des 96-Jährigen gegen die Ablehnung eines Vollstreckungsaufschubs zurück gewiesen (Az. 3 Ws 491/17).
Gröning war im Lüneburger Auschwitz-Prozess im Juli 2015 zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Der "Buchhalter von Auschwitz" hatte eingeräumt, in dem Konzentrationslager Geld aus dem Gepäck der Verschleppten gezählt und weitergeleitet zu haben. Jahrzehntelang waren zuvor die in Auschwitz am Holocaust Beteiligten nicht zur Verantwortung gezogen worden, wenn sie nicht selbst gemordet hatten. Das Urteil des LG wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) im November 2016 bestätigt und ist damit rechtskräftig.
"Der Senat geht auf der Basis eingeholter Sachverständigengutachten davon aus, dass der Verurteilte trotz seines hohen Alters vollzugstauglich ist", heißt es nun in einer Mitteilung des OLG. Es verstoße auch nicht gegen dessen Grundrechte, ihn in den Strafvollzug aufzunehmen.
"Hohem Alter kann im Vollzug Rechnung getragen werden"
Bei Abwägung der Rechte des Verurteilten mit dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit überwiege letzteres, so die niedersächsischen Richter. Den besonderen Bedürfnissen des 96-Jährigen aufgrund seines hohen Alters könne durch entsprechende Vorsorge im Vollzug Rechnung getragen werden.
"Von uns wird die Vollstreckung weiter betrieben", sagte die Sprecherin der zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover, Kathrin Söfker. Dem Grundsatz nach sei mit der Entscheidung des OLG kein Aufschub gewährt worden. "Grundsätzlich müsste er in Haft."
Grönings Anwalt Hans Holtermann sieht das anders: "Bis hier eine abschließende Entscheidung getroffen wird, wird es sicherlich noch ein bisschen dauern", sagte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Nach seiner Einschätzung hat das OLG einen wichtigen Punkt übergangen: Das Gericht habe bemängelt, dass bei einem Gutachten zum Gesundheitszustand des 96-Jährigen von der Verteidigung nicht dargelegt worden sei, welche Unterlagen diesem Gutachten zugrunde lägen. Dies sei falsch. Zudem gebe es allgemein auch noch die Möglichkeit, eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einzureichen.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
OLG Celle weist Beschwerde ab: . In: Legal Tribune Online, 29.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25753 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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