OLG Celle zur Spareinlage für die Enkel: Geschenkt ist nicht immer geschenkt

13.02.2020

Über Jahre hinweg zahlte eine Großmutter monatlich 50 Euro auf die Sparkonten ihrer Enkel. Dann wurde sie zum Pflegefall. Der Sozialhilfeträger darf das so angesparte Geld zurückfordern, entschied nun das OLG Celle.

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat entschieden, dass über mehrere Jahre monatlich geleistete Zahlungen an Familienangehörige zum Kapitalaufbau keine "privilegierten Schenkungen" im Sinne von § 534 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellen. Der Sozialhilfeträger kann das Geld laut Gericht daher zurückfordern, wenn der Schenker selbst bedürftig wird und deshalb Leistungen von einem Sozialhilfeträger bezieht (Urt. v. 13.02.2020, Az. 6 U 76/19).

Eine Großmutter hatte für ihre beiden Enkel nach deren Geburt jeweils ein für 25 Jahre angelegtes Sparkonto eröffnet und darauf über einen Zeitraum von rund elf beziehungsweise neun Jahren jeweils monatlich 50 Euro eingezahlt, um für die Enkel Kapital anzusparen. Die Großmutter bezog zuletzt eine Rente von etwa 1.250 Euro.

Als sie vollstationär in einer Pflegeeinrichtung untergebracht werden musste, hatte sie die Zahlungen an ihre Enkel zwar bereits eingestellt. Die für die Heimunterbringung von ihr anteilig zu tragenden Kosten konnte sie aber nicht aus eigenen Mitteln aufbringen. Der Sozialhilfeträger kam für die Kosten auf und verlangte von den Enkeln die Rückzahlung des auf den Sparkonten eingezahlten Geldes.

Grundsätzlich können Schenkungen nur dann zurückgefordert werden, wenn der Schenker seinen angemessenen Unterhalt nicht mehr selbst bestreiten kann und die zuvor geleisteten Schenkungen keiner sittlichen Pflicht (sog. Pflichtschenkungen) oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach (sog. Anstandsschenkungen). Der Rückforderungsanspruch geht auf den Sozialhilfeträger über, wenn der Schenker Sozialleistungen bezieht.

LG ging noch von einer Anstandsschenkung aus

Das Landgericht ging noch davon aus, dass es sich bei den geleisteten Zahlungen um Anstandsschenkungen handele, die nicht zurückgefordert werden können. Das OLG änderte das Urteil aber nun ab und verurteilte die beiden Enkel zur Zahlung der zurückgeforderten Beträge.

Nach Ansicht des 6. Zivilsenats stellen die zum Kapitalaufbau geleisteten Zahlungen an die Enkel weder eine Pflicht- noch eine Anstandsschenkung dar. Als solche könnten laut Gericht zwar anlassbezogene Geschenke zu Weihnachten oder zum Geburtstag zu werten sein, jedoch spreche hier "nicht nur die Summe der jährlich geleisteten Beträge in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse der Großmutter gegen ein dem Anstand entsprechendes Gelegenheitsgeschenk, auch der Zweck der Zuwendungen - nämlich Kapitalaufbau - spreche gegen eine solche Charakterisierung der Zahlungen, die gerade nicht als Taschengeld an die Enkel geleistet wurden", so das OLG in einer Mitteilung. 

Laut Gericht kommt es für den geltend gemachten Rückforderungsanspruch nicht darauf an, ob es bei Beginn der Zahlungen für die Großmutter absehbar war, dass sie später einmal pflegebedürftig werden würde. Noch ist die Entscheidung nicht rechtskräftig. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats Beschwerde eingelegt werden.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Celle zur Spareinlage für die Enkel: Geschenkt ist nicht immer geschenkt . In: Legal Tribune Online, 13.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40277/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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