Nach Jagd auf Monokelkobra in Herne: Gesetz­ent­wurf zu Gift­schlangen für Pri­vate "unver­hält­nis­mäßig"

18.03.2020

NRW plant ein neues Gesetz, das Privatleuten die Anschaffung giftiger Schlangen, Spinnen oder Skorpione verbietet. Gegen den Gesetzesentwurf werden nun verfassungsrechtliche Bedenken laut.

Der Landtag Nordrhein-Westfalen arbeitet nur noch im Notbetrieb - aber die parlamentarische Arbeit geht zum Teil auch schriftlich weiter. So haben einige Experten ihre Meinung zum neuen Gifttiergesetz geliefert. Einige halten die geplante Novelle für unverhältnismäßig. Der Gesetzentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung sei "verfassungsrechtlich fragwürdig", erklärte Professor Tade M. Spranger von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn.

Die in dem Gesetzentwurf beschriebenen Probleme seien "randseitiger und oberflächlicher" Natur. Spranger sieht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Das Gesetz würde die Behörden "vor 
zahllose und kaum beherrschbare Probleme stellen", heißt es in seiner Stellungnahme für eine wegen der Coronakrise schriftlich geführten Anhörung zu dem Gesetz im Landtag. 

Wenige Fälle, erhebliche Eingriffe

In Deutschland gebe es nach Schätzungen rund eine Million Terrarien mit mindestens ebenso vielen Tieren, so Spranger. Die Begründung für das Gesetz stütze sich aber gerade einmal auf sechs Fälle in einem Zeitraum von zehn Jahren. Diese seltenen Gefährdungslagen rechtfertigten nicht die jetzt geplanten "massiven Grundrechtseingriffe". 

Als "sachlich unbegründet" und mit einem unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand behaftet sieht auch die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) das NRW-Gifttiergesetz. Es gebe auch gar keine wissenschaftliche Definition für den Begriff "sehr giftige Tiere", der in dem Entwurf benutzt werde. Aus zoologischer Sicht sei das Gesetz in viele Teilen widersprüchlich und undifferenziert. Einigen Maßnahmen stimmt der Verband allerdings auch zu, wie etwa der Meldepflicht für die Tiere, dem Führungszeugnis und der Haftpflichtversicherung. Die kommunalen Spitzenverbände dagegen begrüßen trotz einiger Kritikpunkte das Gesetz grundsätzlich. 

Reaktion auf Cobra-Jagd

Der Gesetzentwurf ist die Reaktion auf die Jagd nach einer hochgiftigen Schlange in Herne im August 2019. Damals mussten wegen der Suche nach der Monokelkobra mehrere Häuser geräumt werden. 

Die schwarz-gelbe Landesregierung will nun verbieten, derartige hochgiftige Tiere neu anzuschaffen. Wer bereits ein solches Tier besitzt soll es behalten dürfen, jedoch unter strengen Auflagen. So müssen alle giftigen Tiere gemeldet werden und nur wer über 18 Jahre alt und "persönlich zuverlässig" ist darf ein solches Tier überhaupt halten. 

Dazu muss man ein polizeiliches Führungszeugnis vorweisen, ein Umzug mit dem Tier ist binnen zwei Wochen zu melden. Stirbt das giftige Tier, muss das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) informiert werden. Wer dagegen verstößt, soll laut Gesetzentwurf bis zu 50 000 Euro zahlen. 

Schafft man sich trotz Verbot ein neues hochgiftiges Tier an, so ist eine Haftstrafe von bis zu 2 Jahren vorgesehen. Außerdem sollen die Behörden weitgehende Vollmachten erhalten, weshalb der aktuelle Gesetzentwurf in mehreren Punkten auf die "Einschränkung von Grundrechten" verweist.  

dpa/vbr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Nach Jagd auf Monokelkobra in Herne: . In: Legal Tribune Online, 18.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40907 (abgerufen am: 07.12.2024 )

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