Vor drei Jahren wurden die Gas-Pipelines aus Russland in der Ostsee schwer beschädigt. Jetzt rückt ein Prozess gegen die vermutlichen Saboteure vor einem deutschen Gericht näher: Die italienische Justiz gibt grünes Licht.
Drei Jahre nach den Anschlägen auf die Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee kann einer der mutmaßlichen Drahtzieher nach Deutschland ausgeliefert werden. Die italienische Justiz gab grünes Licht für die Überstellung des 49 Jahre alten Ukrainers Serhij K. an die deutschen Behörden, wie dessen Anwalt der dpa bestätigte. Einen Termin dafür gibt es jedoch noch nicht. Die Entscheidung des Gerichts über die Auslieferung des 49-jährigen Ukrainers wird von Italiens oberstem Gericht, dem Kassationsgerichtshof in Rom, noch einmal überprüft. Der Termin für die Anhörung ist für den 17. September angesetzt, berichtet das Handelsblatt.
Der Ukrainer war Ende August an der Adriaküste festgenommen worden. Offenbar rechnete er nicht damit, dass ein internationaler Haftbefehl vollstreckt wird.
Nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft gehörte K. zu einer Gruppe, die im September 2022 nahe der Ostseeinsel Bornholm Sprengsätze an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 platzierte. Sie wirft ihm gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage vor. Im August erließ die Bundesanwaltschaft einen weiteren Europäischen Haftbefehl gegen einen anderen Verdächtigen, der sich zu dem Zeitpunkt in Polen aufgehalten haben soll.
Keine Gründe gegen Auslieferung
Nach der Auslieferung soll der Ukrainer in Deutschland vor Gericht gestellt werden. Falls es zum Prozess kommt, würde dieser wahrscheinlich in Hamburg stattfinden. Dorthin könnte K. auch aus Italien ins Gefängnis gebracht werden. Weitere Festnahmen gab es bislang nicht.
Für die Entscheidung über eine Auslieferung war ein Berufungsgericht in der norditalienischen Stadt Bologna zuständig. Aus dessen Sicht gibt es keinerlei Gründe, die gegen eine Auslieferung nach Deutschland sprechen. Allerdings versucht sein Anwalt Nicola Canestrini noch, mit einem Gang vor den italienischen Kassationsgerichtshof in Rom, die Überstellung an die deutschen Behörden zu verhindern. Der italienische Anwalt legte gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts Beschwerde sein.
Canestrini sagte der dpa: "Grundrechte wie der Anspruch auf ein faires Verfahren und korrekte Haftbedingungen dürfen nicht im Namen automatischer Zusammenarbeit zwischen den Justizsystemen geopfert werden." Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kassationshof in Rom die Auslieferung noch stoppt, wird jedoch als sehr gering eingeschätzt. Die EU-Partner Deutschland und Italien arbeiten auch in der Justiz eng zusammen.
Serhij K. bestreitet alle Vorwürfe
Nach Informationen des Magazins "Der Spiegel" soll der Mann ein ehemaliger Agent des ukrainischen Geheimdienstes SBU sein. K. wurde in der Gemeinde San Clemente im Hinterland des beliebten Adria-Badeortes Rimini gefasst, wo er mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern die Ferien verbrachte. Die italienischen Behörden halten es für möglich, dass er auch an Anschlägen auf Schiffe der sogenannten russischen Schattenflotte im Mittelmeer beteiligt war.
Bei dem Haftprüfungstermin wies K. jegliche Vorwürfe zurück. Er behauptete, in der Zeit der Anschläge auf die Pipelines in der Ukraine gewesen zu sein. Zugleich wehrte er sich dagegen, nach Deutschland überstellt zu werden. Auch Kiew bestreitet, hinter den Anschlägen auf die Gaspipelines zu stecken. Die Ukraine wehrt sich schon seit mehr als dreieinhalb Jahren gegen einen Angriffskrieg aus Russland.
Ermittlungen laufen nur noch in Deutschland
Der Anschlag im Herbst vor drei Jahren hatte weltweit Schlagzeilen gemacht. Jedoch laufen nur noch in Deutschland Ermittlungen zu dem Fall. Mehrere Sprengungen beschädigten die beiden Pipelines so sehr, dass kein Gas mehr durchgeleitet werden konnte. An drei der insgesamt vier Leitungen wurden Lecks entdeckt. Allerdings war zuvor schon kein Gas mehr durch die Leitungen geflossen.
Nach Kriegsbeginn im Februar 2022 hatte Russland seine Lieferungen schrittweise gedrosselt und Anfang September völlig eingestellt -angeblich wegen technischer Probleme. Beobachter vermuteten, dass damit der Druck auf den Westen und insbesondere Deutschland erhöht werden sollte, wegen des Kriegs erlassene Sanktionen gegen Russland zurückzunehmen. Inzwischen sind viele weitere Sanktionen hinzugekommen.
dpa/mka/LTO-Redaktion
Nord-Stream-Sprengung: . In: Legal Tribune Online, 16.09.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58158 (abgerufen am: 15.11.2025 )
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