Druckversion
Sonntag, 18.05.2025, 09:49 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/niedersachsen-wolf-abschuss-verordnung-neu-geplant
Fenster schließen
Artikel drucken
43080

Neue Wolfsverordnung in Niedersachsen: Pro­b­lem­wölfe unkom­p­li­ziert zum Abschuss frei­geben

13.10.2020

Wolf, der sich die Schnauze leckt.

bennytrapp  - stock.adobe.com

In Niedersachsen steigt die Zahl an Wölfen und Wolfsrissen. Damit schneller reagiert werden kann, soll von der bisherigen Einzelfalllösung beim Wolfsabschuss abgesehen werden. Langfristig werden jedoch jagdrechtliche Änderungen gefordert.

Anzeige

Nach anhaltendem Streit um die wachsende Zahl von Wölfen in Niedersachsen will Umweltminister Olaf Lies (SPD) noch im Herbst die schon länger erwartete Wolfsverordnung erlassen. "Es muss ein Nebeneinander von Weidetierhaltung und Wolf geben. Aber um das sicherzustellen, braucht es Rahmenbedingungen", sagte Lies der dpa in Hannover zur Zielsetzung der Verordnung. Unkomplizierter als bisher soll es möglich sein, Problemwölfe abzuschießen, die etwa Schutzzäune überspringen und Rinder und Pferde töten. Inzwischen gibt es 35 Rudel mit insgesamt 300 bis 350 Wölfen in Niedersachsen, rund ein Dutzend der Tiere könnte im Moment in die Kategorie Problemwolf fallen.

"Wir werden auch beim Wolf ins System eingreifen müssen und können nicht die Vorstellung haben, dass die natürliche Entwicklung das alles löst, ohne dass es einen natürlichen Feind gibt", sagte Lies. "Zäune entfalten nur eine begrenzte Wirkung und wenn ich Weidetierhaltung will, kann ich nicht das ganze Land einzäunen."  Abgesehen von den immensen Kosten müsse man auch angesichts der weiter wachsenden Population des Wolfes in die Lage kommen, mit anderen Maßnahmen zu handeln. "Wenn erwachsene Rinder oder Pferde sich nicht mehr selber schützen können, ist nicht der Zaun das Problem, dann ist auch der Wolf das Problem."

Mit der Verordnung soll künftig nicht mehr eine auf jeden Einzelfall zugeschnittene Ausnahmegenehmigung nötig sein, sondern nach einem standardisierten Verfahren vorgegangen werden. "Unser Ziel ist, dass es natürlich leichter wird als jetzt", so Lies. Wenn ein Wolf die für eine bestimmte Region definierte Kategorie von Herdenschutz überwindet und Weidetiere angreift, ist damit nach festgelegten Kriterien die Grundbedingung für eine Ausnahme erfüllt. "Und da hoffen wir natürlich, dass wir mit der Verordnung schneller auch in der Lage sind, das, was wir dann entscheiden, auch umzusetzen."

Neue Wolfsverordnung dürfe nicht nur ein Stück Papier werden

Genau darauf hofft auch der Vizepräsident des Landesbauernverbandes, Jörn Ehlers. "Die fehlende Umsetzung, das ist das, was uns als Tierhalter oder auch vielleicht die Bürger sehr verzweifeln lässt. Wo man auch nicht versteht, warum ein Staat in dem Punkt nicht handlungsfähig zu sein scheint." Die Hoffnung sei, dass die neue Wolfsverordnung nicht nur ein Stück Papier bleibe, sondern ermögliche, tatsächlich den Wolf zu entnehmen, der einen Schaden verursacht hat. "Das glaube ich, ist unser gemeinsames Ziel."

Sorge macht Ehlers unterdessen die hohe Zahl der Wolfsrisse, knapp 700 waren es bis Ende August. "Meiner Meinung nach müssen wir irgendwann anfangen, auch eine Bestandsregulierung zu ermöglichen." Dafür müsse der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden, wenn der sogenannte günstige Erhaltungszustand festgestellt wird, das heißt wenn der Wolf wieder als langfristig lebensfähig in Deutschland eingestuft wird. "Und ich denke, dass das nicht mehr in weiter Ferne ist und man anfangen muss, dieses Thema auf den Weg zu bringen, den Wolf ins Jagdrecht zu nehmen, um vorbereitet zu sein."

Klare Zahlenvorgaben von Bund gefordert

Umweltminister Lies sieht es als Hemmschuh, dass bei der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes keine klaren Zahlenvorgaben für den Wolfsbestand gemacht wurden. "Meine Forderung an den Bund war, eine Untergrenze zu benennen. Welche Population ist notwendig, damit der Bestand des Wolfes nicht gefährdet ist? Aber das ist eine Sache, die das Bundesrecht im Moment nicht hergibt." Ebenso wenig sei definiert worden, ab welcher Zahl der Bestand als gesichert anzusehen ist und weitere Wölfe wenn nötig entnommen werden können.

Auch dem Bauernverband ist an einer solchen Obergrenze gelegen. "Die kürzlich genannte Zahl von 500 Wölfen lag mir persönlich deutlich zu hoch", meint Ehlers. "Aber wenn wir bei den 500 Wölfen mal so eine Grenze ziehen würden, würde das bedeuten, dass wir 150 Wölfe jedes Jahr entnehmen müssten." Und wenn man sich anschaue, wie schwierig das Entnehmen einzelner Wölfe derzeit bereits sei, dauere es nicht mehr lange, bis die Zahl von 500 Wölfen erreicht sei. "Ich erwarte daher von der Politik ein klares Konzept, einen Plan in der Schublade."

Erst kürzlich hat der Europäische Gerichtshof den weitreichenden Schutz des Wolfes betont.

dpa/pdi/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Neue Wolfsverordnung in Niedersachsen: . In: Legal Tribune Online, 13.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43080 (abgerufen am: 18.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Öffentliches Recht
    • Jagd
    • Tiere
    • Tierschutz
    • Umweltschutz
Eine Frau mit Hund (Symbolbild) 16.05.2025
Tierschutz

VGH Baden-Württemberg zur Verbotsdurchsetzung:

Vete­ri­näramt kann nur echte Tiere weg­nehmen

Eine Behörde hatte einer Frau aus Tierschutzgründen den Hund weggenommen und ein Haltungsverbot ausgesprochen. Sie ging sogar noch weiter: Auch künftige Hunde werde sie der Frau wegnehmen. Verwaltungsrechtlich geht das aber nicht, so der VGH.

Artikel lesen
Ein Fischotter läuft am Ufer, symbolisch für den Schutz dieser Art und den Eilantrag gegen ihren Abschuss. 25.04.2025
Tierschutz

Eilantrag am VG Bayreuth eingereicht:

Deut­sche Umwelt­hilfe will Fischotter-Abschuss ver­hin­dern

Die Deutsche Umwelthilfe zieht zum Schutz für Fischotter vor Gericht – und das nicht zum ersten Mal. Mit ihrem jetzigen Eilantrag will sie die bayrische Abschussregelung stoppen. Das Verwaltungsgericht Bayreuth muss nun entscheiden. 

Artikel lesen
Lori am Dienstag im Saal des LAG Düsseldorf 08.04.2025
Tiere

LAG Düsseldorf zum Hund der Mitarbeiterin:

Lori muss zuhause bleiben

Gut sechs Jahre akzeptierte der Arbeitgeber, dass Tierschutzhündin Lori mit zur Arbeit kam. Doch das Mitbringen ist laut Arbeitsvertrag untersagt, das Verbot sollte jetzt durchgesetzt werden. Die Mitarbeiterin zog dagegen vor das Gericht.

Artikel lesen
Ein Mann in Anzug schaut auf sein Handy, im Hintergrund ein auffälliges Plakat mit bunten Buchstaben. 28.03.2025
Informationsfreiheit

VG Berlin zu Chat mit Porsche-Vorstand:

Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­rium muss SMS von Chris­tian Lindner offen­legen

Kein Chat bleibt geheim – auch nicht die SMS des ehemaligen Bundesfinanzministers Christian Lindner an den Porsche-Vorstand Oliver Blume. Der Verein Parlamentwatch setzt sich vor dem VG Berlin durch. Das BMF muss die Nachrichten offenlegen.

Artikel lesen
Ein Mann schaut wütend über einen Gartenzaun hinüber (Symbolbild) 28.03.2025
Nachbarschaftsrecht

BGH zum Nachbarrecht:

Hes­si­sche Hecken haben kein Höh­en­limit

Der BGH hat einen sehr deutschen Nachbarschaftsstreit entschieden: Ja, Bambus kann eine "Hecke" im Rechtssinne sein. Nein, es gibt keine Höhenbegrenzung für Hecken in Hessen. Und ja, Hecken werden vom Grundstück, auf dem sie wachsen, gemessen.

Artikel lesen
Die Klägerseite um Dr. Roda Verheyen und Saúl Luciano Lliuya vor Beginn der Verhandlung am Montag. 19.03.2025
Klimaschutz

Klimaklage des peruanischen Bauern gegen RWE:

Urteil wird am 14. April ver­kündet

Zwei Tage hat das OLG Hamm zur Klimaklage des peruanischen Bauern Saúl Luciano Lliuya gegen RWE verhandelt. Sein Urteil verkündet es am 14. April. Entweder geht es dann weiter mit der nächsten Beweisfrage oder es weist die Berufung zurück.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Logo von Hengeler Mueller
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) im Be­reich Öf­f­ent­li­ches Wirt­schafts­recht/...

Hengeler Mueller , Düs­sel­dorf

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Frank­furt (Oder)

Logo von CMS Deutschland
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) für den Be­reich Ver­ga­be­recht und öf­f­ent­li­ches...

CMS Deutschland , Frank­furt am Main

Logo von Hengeler Mueller
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) im Be­reich Öf­f­ent­li­ches Wirt­schafts­recht/...

Hengeler Mueller , Ber­lin

Logo von DLA Piper UK LLP
Prak­ti­kant (m/w/d) im Rah­men der Sum­mer School 2025 Ham­burg

DLA Piper UK LLP , Ham­burg

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Arbeitszeit im Fokus

19.05.2025

Karriere-Powerworkshops "Erfolgsfaktor Personal Branding"

20.05.2025

Juristinnen netzwerken ... - After Work live in Köln

22.05.2025, Köln

Rechnungslegung in der Non-Profit-Organisation

20.05.2025

Online Info Session Jurastudium (LL.B., EjP)

21.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH