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23300

Gericht verurteilt Niederlande wegen Srebrenica: In den Tod geschickt

27.06.2017

Ausgang des früheren Hauptquartiers des niederländischen Bataillons in Srebrenica

MichaelBueker, Wikimedia Commons, CC BY 3.0; Zuschnitt und Skalierung durch LTO

Ein niederländisches Gericht hat den eigenen Staat für mitverantwortlich für das Massaker von Srebrenica erklärt: Die niederländische UN-Truppe "Dutchbat" hatte tausende Flüchtlinge an serbische Truppen ausgeliefert.

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Der erhoffte Sieg auf ganzer Linie war es nicht für die "Mütter von Srebrenica". Unter diesem Namen hatten sich die Angehörigen der rund 8.000 ermordeten Muslime beim Völkermord von Srebrenica während des Bosnienkrieges formiert. In der Berufungsverhandlung vor einem niederländischen Zivilgericht sprachen die Richter ihrem Staat eine Mitverantwortung für das Massaker zu - jedoch mit Einschränkungen.

Von den rund 8.000 getöteten Bosniaken, den bosnischen Muslimen, seien es nur 350 Männer, für deren Tod die Niederlande verantwortlich seien, heißt es in dem Urteil. Damit bestätigte das Gericht die Entscheidung der ersten Instanz, die 2014 erstmals eine Mitverantwortung des Heimatstaates einer UN-Truppe für Kriegsverbrechen Dritter festgestellt hatte.

Die Hoffnung der Kläger, dass auch die übrigen Opfer als von den Niederlanden mitverantwortet anerkannt würden, erfüllte sich damit nicht. Sie hatten sich gerade aus diesem Grund gegen das erstinstanzliche Urteil gewandt. Dementsprechend enttäuscht reagierte man auf die Entscheidung des Berufungsgerichts. "Das ist keine Gerechtigkeit", empörte sich eine Frau im Gericht nach der Urteilsverkündung.

Auslieferung von tausenden Flüchtlingen

Während des Bosnien-Kriegs im Juli 1995 hatten serbische Einheiten unter dem Kommando von General Ratko Mladic die UN-Schutzzone Srebrenica überrannt. Die niederländische UN-Truppe "Dutchbat", die die zehntausenden Flüchtlinge schützen sollte, hatte sich kampflos ergeben und half letztlich sogar bei ihrer Deportation.

Anschließend hatten die serbischen Truppen rund 8.000 bosnische Männer und Jungen ermordet. Srebrenica gilt als erster Völkermord auf europäischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg.

Ex-General Mladic muss sich derzeit in Den Haag vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal für das Massaker verantworten. Ende 2017 wird das Urteil erwartet. Als politisch Verantwortlicher ist Ex-Serbenführer Radovan Karadzic bereits zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Auslieferung von tausenden Flüchtlingen an serbische Truppen

Grund für die Beschränkung der niederländischen Verantwortung auf die 350 Personen ist laut dem Gericht, dass die anderen Opfer auch ohne die Unterstützung der Blauhelme deportiert worden wären. Das gelte aber nicht für die Männer, die sich direkt auf dem Gelände des UN-Hauptquartiers befunden hatten.

Dutchbat hatte diese Männer weggeschickt und damit an die Serben ausgeliefert, obwohl es genug Signale von Massenerschießungen gab. Das war unrechtmäßig, sagte die Vorsitzende Richterin Gepke Dulek. "Damit wurde den Männern die Chance auf Überleben genommen."

Doch nicht nur verweigerte das Gericht, über das Urteil der Vorinstanz hinaus zu gehen. Es schränkte die Haftung sogar noch weiter ein: Statt der vollen Haftung für die benannten Tode setzte es nur eine 30-prozentige Quote an. Worauf es sich dabei stützt, ist noch nicht bekannt, ebenso wie die genaue Höhe der finanziellen Entschädigung, welche die klagenden Angehörigen bekommen sollen.

dpa/mam/LTO-Redaktion

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Gericht verurteilt Niederlande wegen Srebrenica: . In: Legal Tribune Online, 27.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23300 (abgerufen am: 10.11.2025 )

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