Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte: Ab jetzt dürfen 1.000 Ange­hö­rige pro Monat nach­kommen

von Hasso Suliak

01.08.2018

Am Mittwoch tritt die Neureglung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus in Kraft. Sie können wieder engste Angehörige nach Deutschland nachziehen lassen. Aber unter welchen Voraussetzungen?

Die Neuregelung des Familiennachzugs sieht einschränkend vor, dass bundesweit pro Monat nicht mehr als 1.000 Personen kommen dürfen. Erwachsene dürfen Ehepartner und minderjährige Kinder zu sich holen, unbegleitete Minderjährige ihre Eltern. Der Nachzug soll nur "aus humanitären Gründen" erfolgen: Kriterien sind unter anderem die Dauer der Trennung, das Kindeswohl und die Frage, ob den Angehörigen Gefahr droht. Außerdem soll berücksichtigt werden, ob jemand krank oder pflegebedürftig ist. Bonuspunkte erhält, wer etwa zur Sicherung des Unterhalts der Familie beiträgt.

Ein Rechtsanspruch soll mit der Regelung nicht begründet werden. Zudem sieht das Gesetz Ausnahmen vor, u. a. dürfen sog. Gefährder niemanden nachholen, ebenso wenig Menschen, die "zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufrufen, einen verbotenen Verein leiten oder sich zur Verfolgung politischer und religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligen".

Familiennachzug wird im Rahmen des Visumverfahrens gewährt. Antragsberechtigt sind Ehegatten, Eltern von minderjährigen Kindern und minderjährige ledige Kinder, die zu ihren Eltern nachziehen wollen. Das Bundesverwaltungsamt trifft die endgültige Auswahlentscheidung zu den monatlich 1.000 nachzugsberechtigten Personen. Das Gesetz sieht aber drei Behörden vor, die für die zur Entscheidung über die Auswahl des 1000-er-Kontingents zuständig sein sollen: Die Ausländerbehörde soll inlandsbezogene Aspekte prüfen, die Auslandsvertretungen die auslandsbezogenen und das sonst oft mit formalen Aufgaben betraute Bundesverwaltungsamt soll die endgültige Ermessensentscheidung treffen.

Opposition: "Sagen Sie das doch mal dem 1.001"

"Mit der Neuregelung schaffen wir eine ausgewogene Balance zwischen der Integrationskraft unserer Gesellschaft, Humanität und Sicherheit. Sie ist ein wichtiger Baustein in der migrationspolitischen Gesamtstrategie der Bundesregierung," sagte Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer am Mittwoch:

Von der Opposition erntet die Bundesregierung dagegen heftige Kritik. Der FDP-Politiker Benjamin Strasser hatte das Gesetz in der abschließenden Beratung im Bundestag zuvor bereits als "Lex CSU" bezeichnet. Damit würde nicht ernsthaft an das Schicksal der Menschen angeknüpft werden. "Sagen Sie doch mal dem 1.001., warum der trotz gleichem Anspruch seine Familie nicht nachziehen lassen darf", fragte Strasser die Bundesregierung in der Debatte.

Seine Partei fordere eine weitere Aussetzung des Familiennachzugs um zwei Jahre sowie „nicht nach Zahlen zu entscheiden, sondern nach klaren Kriterien, die das Parlament als Härtefall festlegt“. Die Frage müsse aber dauerhaft in Europa entschieden werden, sagte Strasser. An dahingehenden Initiativen der Bundesregierung fehle es jedoch.

Eine Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen kritisierte u.a. das Verfahren. Es führe zu immensen bürokratischen Anforderungen und lasse überdies lange Verfahrenswege befürchten. Zudem sei mit einer großen Anzahl von Klagen zu rechnen. Luise Amtsberg, Sprecherin für Flüchtlingspolitik: "Die Große Koalition hat aus dem grundrechtlichen Anspruch auf Familiennachzug eine Lotterie gemacht. Dadurch wird aus dem Grundrecht auf Familie ein Gnadenrecht des Staates." Die Abgeordnete bezeichnete die Rangfolge der im Gesetz genannten humanitären Kriterien für den Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten als "unklar", diese liege zudem "allein im Ermessen der Behörden".

Auch die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, Ulla Jelpke, kritisierte die Neuregelung: "Mit der Begrenzung des Familiennachzugs auf 1.000 Angehörige pro Monat wird der Schutz der Familie zu einem Gnadenrecht für wenige degradiert. Das ist ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz“, kommentierte Jelpke. Die Abgeordnete weiter: "Viele Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten leben weiterhin in Kriegsgebieten. Bereits in Deutschland lebende Geflüchtete haben keine Chance anzukommen und sich ein neues Leben aufzubauen, wenn sie ständig in Angst um ihre Angehörigen sind." 

Zitiervorschlag

Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte: Ab jetzt dürfen 1.000 Angehörige pro Monat nachkommen . In: Legal Tribune Online, 01.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30115/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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