Die Aufarbeitung der Kolonialzeit in Namibia hängt weiter an der noch offenen Frage einer finanziellen Wiedergutmachung. Das Angebot der Bundesregierung, dafür zehn Millionen Euro zu zahlen, hat die namibische Regierung abgelehnt.
Namibia hat ein Entschädigungsangebot Deutschlands bei den Verhandlungen zur Aufarbeitung der Kolonialzeit abgelehnt. Das Angebot der Bundesregierung, zehn Millionen Euro als Wiedergutmachung zu zahlen, sei für Präsident Hage Geingob weiter "nicht akzeptabel", zitierte die Zeitung The Namibian am Dienstag den Berater des Präsidenten, Alfredo Hengari. Ein solches Angebot hatte Namibia schon früher abgelehnt. Der Verhandlungsführer der deutschen Seite, Ruprecht Polenz (CDU), wollte sich am Mittwoch nicht zu konkreten Zahlen äußern, sagte aber: "Ich bin zuversichtlich, dass die Gespräche erfolgreich zu Ende gebracht werden."
Geingob selbst twitterte, er sei über den Stand der Gespräche informiert worden und habe empfohlen, die Verhandlungen fortzusetzen. "Wir bleiben beim Abschluss dieser Schlüsselmission konsequent", schrieb er.
Das Deutsche Reich war von 1884 bis 1915 Kolonialmacht im heutigen Namibia und schlug damals die Aufstände von zwei Volksgruppen brutal nieder. Historikern zufolge wurden etwa 65 000 der 80 000 Herero und mindestens 10.000 der 20.000 Nama getötet. In diesem Zusammenhang spricht das Auswärtige Amt erst seit 2015 von Völkermord. Seit dieser Zeit verhandeln beide Regierungen darüber, wie eine Wiedergutmachung aussehen soll. Zur Zeit wird die Aufarbeitung der Kolonialzeit in Namibia – der ehemals deutschen Kolonie Südwestafrika - auch durch die Coronakrise beeinträchtigt.
"Entschuldigung" oder "Heilung der Wunden"?
Vertreter der Herero und Nama verlangen von der Bundesrepublik eine Entschuldigung für zur Kolonialzeit begangenen Verbrechen sowie eine finanzielle Wiedergutmachung. Hengari sagte der Zeitung zufolge, die deutsche Regierung habe zugestimmt, eine "bedingungslose Entschuldigung" an die namibische Regierung, ihr Volk und die betroffenen Gemeinden zu richten. Allerdings wolle Deutschland nicht den Begriff "Reparationen" benutzen. Stattdessen wolle man von "Heilung der Wunden" sprechen. Das namibische Verhandlungsteam halte diesen Begriff aber für unzureichend. Zum Ende der ersten Phase der Gespräche habe sich Geingob aber angesichts der insgesamt erzielten Fortschritte vorsichtig optimistisch gezeigt.
Bis Ende August soll ein eingesetzter Berater förderungswürdige Projekte in sieben Regionen des Landes präsentieren. Polenz hatte im Juni erklärt, an die Bitte um Entschuldigung sollten sich längerfristige und substanzielle Beiträge knüpfen, um noch vorhandene Wunden bei den Herero und Nama zu heilen und Nachteile bei diesen Volksgruppen zu lindern.
Die Verhandlungen zwischen der deutschen und namibischen Regierung gerieten zuvor durch ein Gerichtsverfahren in den USA ins Stocken. Dort hatten Nachfahren der Herero und Nama versucht, eine Entschädigung in Milliarden Höhe zu erstreiten, waren aber 2019 vor einem New Yorker Gericht gescheitert.
dpa/vbr/LTO-Redaktion
Deutsche Wiedergutmachung für Taten in der Kolonialzeit: . In: Legal Tribune Online, 12.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42474 (abgerufen am: 11.12.2024 )
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