Nach fehlerhafter Berichterstattung des RBB über Vorwürfe sexueller Belästigung gegen Stefan Gelbhaar fordert der Grünen-Politiker vom Sender eine hohe Entschädigung. Auch wegen entgangener Vergütung als Abgeordneter. Der RBB hält dagegen.
Der Berliner Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar macht nach fehlerhafter Berichterstattung über ihn finanzielle Ansprüche gegenüber dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) geltend. Wie der öffentlich-rechtliche Sender am Donnerstag in eigener Sache mitteilte, handelt es sich um Geldentschädigung und Schadensersatz von insgesamt 1,7 Millionen Euro. Das soll aus einem Schreiben von Gelbhaars Anwalt hervorgehen, wie ein RBB-Sprecher dem Evangelischen Pressedienst sagte. Zuerst hatte Business Insider berichtet.
Gelbhaar war Mitte November 2024 mit 98,4 Prozent der Stimmen zum Direktkandidaten der Partei für den Berliner Bezirk Pankow gewählt worden. Ende Dezember hatte der RBB über Vorwürfe der sexuellen Belästigung aus der eigenen Partei berichtet, nach eigenen Angaben auf Grundlage von eidesstattlichen Versicherungen. Zudem hatte der Sender nach eigenen Angaben Einblick in anonyme Meldungen an die Ombudsstelle der Grünen. Gelbhaar hatte alle Anschuldigungen stets zurückgewiesen.
Der RBB musste schließlich einen Teil seiner Berichte zurückziehen, nachdem Zweifel an der Identität einer Hinweisgeberin aufgetaucht waren. Das Landgericht Hamburg untersagte die Berichterstattung teilweise. RBB-Redakteure hatten die Person, eine "Anne K.", nie selbst getroffen. Bei Recherchen im Nachgang kam heraus: "Anne K.", die schwerwiegende Vorwürfe gegen Gelbhaar erhoben und eine Versicherung an Eides statt abgegeben hatte, existiert wohl nicht.
Gelbhaar verlangt offenbar auch entgangene Bundestags-Diäten
Bei der Frage nach der Höhe der Entschädigung spielt die nun erfolgte Bundestagswahl eine entscheidende Rolle. Eine Wahl, bei der Gelbhaar dann nicht mehr angetreten war. Der Grünen-Politiker, der selbst Rechtsanwalt ist, soll nach Medienberichten nun auch entgangene Abgeordnetendiäten für die anstehende Legislaturperiode geltend gemacht haben. Gelbhaar argumentiert wohl: Wäre er angetreten, dann wäre sein Einzug in den Bundestag allein schon über die Landesliste der Grünen eine sichere Sache gewesen.
Der Sender weist die Höhe der Summe als unangemessen zurück. Nach RBB-Angaben habe Gelbhaar zum Zeitpunkt der monierten Berichterstattung – anders als vielfach dargestellt – bereits auf einen Platz auf der Landesliste der Grünen für den Bundestag verzichtet. Auch die Entscheidung, dass die Wahl des Direktkandidaten der Grünen für den Wahlkreis Pankow erneut erfolgt, sei vor der Berichterstattung des RBB am 31. Dezember 2024 gefällt worden.
Der RBB hat schwerwiegende journalistische Fehler eingeräumt und lässt sie von einer externen Kommission untersuchen. Ihr Bericht soll Anfang März vorliegen.
kus/LTO-Redaktion
Nach fehlerhafter Berichterstattung: . In: Legal Tribune Online, 27.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56697 (abgerufen am: 18.03.2025 )
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