Bundestagsbeschluss: Min­dest­lohn steigt auf zwölf Euro

03.06.2022

Der Mindestlohn steigt - ein zentrales Versprechen der Regierung wird nach einem Bundestagsbeschluss umgesetzt. Doch wegen der Preissprünge werden in der Debatte Zweifel laut, ob die Einkommensgrenze reicht.

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland steigt am 1. Oktober auf zwölf Euro. Das beschloss der Bundestag am Freitag in Berlin. Das Mindestlohngesetz von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wurde mit den Stimmen der Koalition und der Linken verabschiedet. Die Unionsabgeordneten und die AfD enthielten sich. Derzeit liegt der Mindestlohn bei 9,82 Euro brutto. Zum 1. Juli steigt er turnusmäßig auf 10,45 Euro. Zugleich steigt die Grenze für Minijobs im Oktober von 450 auf 520 Euro.

Der Gesetzentwurf geht von heute etwa 6,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit einem Stundenlohn unter zwölf Euro aus. Frauen sowie Menschen in Ostdeutschland sollen überproportional von der Anhebung profitieren, wie Heil in der Debatte sagte. Für viele sei die Lohnerhöhung wohl der größte Lohnsprung in ihrem Leben. Heil sagte, ohne Olaf Scholz als Kanzler würde der Mindestlohn nicht erhöht. Der SPD-Politiker hatte die Anhebung der Lohnuntergrenze zu einem Kernversprechen des Bundestagswahlkampfs gemacht.

Erhöhung stößt auf Kritik

Mehrere Rednerinnen und Redner warnten davor, dass die gegenwärtige Preisexplosion viele Menschen existenziell bedrohe. Die Linken-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch sagte: "Eigentlich müssten es jetzt schon 13 Euro sein." Nötig sei ein weiteres Entlastungspaket. Heil verwies auf die Entlastungen für Menschen mit normalem und geringem Einkommen, die die Koalition auf den Weg bringe. Der Grünen-Sozialexperte Andreas Audretsch sagte, Menschen in Vollzeit dürften am Ende des Tages nicht von Armut bedroht sein. Die Mindestlohnsteigerung erhöhe zudem die Kaufkraft.

Der AfD-Abgeordnete Norbert Kleinwächter meint, dass ausländische Arbeitskräfte in Deutschland die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt beförderten und das Lohnniveau drückten. "Ein gesunder Markt bräuchte keinen Mindestlohn, er hat nämlich Regeln, und er hat Grenzen."

Kritik kam bereits im Vorfeld vom Arbeitgeberverband BDA, der der Bundesregierung vorwirft, sich nicht an Absprachen zu halten. Der Verband lehnt ab, dass der Erhöhungsschritt nun einmalig an der Kommission aus Arbeitgebern und Gewerkschaften vorbei gegangen werden soll.

Der CDU-Sozialpolitiker Hermann Gröhe warf der Koalition chaotisches Stimmengewirr vor, wenn es darum gehe, die enormen Preissteigerungen einzudämmen. Wenn weitere Preissprünge zugelassen würden, nütze auch ein höherer Mindestlohn wenig. 

Die SPD-Abgeordnete Dagmar Schmidt räumte ein: "Viele müssen sich die Frage stellen, ob das Geld noch für Obst, die Reise zur Oma, den Schulausflug reicht." Die Koalition werde die Inflation weiter bekämpfen. Zudem warb Schmidt für das "soziale Klimageld", eine geplante Einmalzahlung pro Jahr, die Heil für 2023 angekündigt hatte. Die Mindestlohnerhöhung nannte Schmidt einen "Akt der Notwehr gegen sinkende Tarifbindung".

dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Bundestagsbeschluss: . In: Legal Tribune Online, 03.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48659 (abgerufen am: 15.10.2024 )

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