Migrationspläne der Union: Merz bekommt Gegen­wind aus dem EU-Aus­land

27.01.2025

Die Union will an den Grenzen jeden zurückweisen, der keine Einreiseerlaubnis hat. Der Plan von Kanzlerkandidat Friedrich Merz wird nicht nur im Inland kritisch gesehen. Auch im Nachbarstaat Österreich stößt der Vorschlag auf Ablehnung.

Umfassende Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, wie sie Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) fordert, wären aus Sicht des Bundesinnenministeriums kontraproduktiv und europarechtlich nicht machbar. "Das geht aus Sicht der Bundesregierung nicht", sagte Ministeriumssprecher Maximilian Kall.

Der Vorstoß der Union setze erstens die Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten aufs Spiel, so Kall. Zweitens könne sich Deutschland gegenüber der Europäischen Union nicht, wie von der CDU/CSU behauptet, auf eine außergewöhnliche Notlage berufen. Denn dafür müsse eine schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nachgewiesen werden. Im vergangenen Jahr seien aber deutlich weniger Asylgesuche in Deutschland gestellt worden als in den Vorjahren.

BMI: Kooperation mit den Nachbarstaaten gefährdet

"Auch das, was es im Moment schon an Zurückweisungen gibt, würde man riskieren durch ein solches konfrontatives Vorgehen gegen unsere Mitgliedstaaten", sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums. Die Kooperation mit den Nachbarstaaten – etwa gemeinsame Streifen – wären durch einen solchen nationalen Alleingang gefährdet. Aus Österreich kam bereits Kritik. Auch Polen hatte angekündigt, sich gegen umfassende Zurückweisungen Deutschlands sperren zu wollen. Deshalb hätte ein solches Vorgehen auch nicht den beabsichtigten Effekt, da eine lückenlose Grenzkontrolle nicht möglich sei.

Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Günter Krings, sagte dagegen: "Wir hätten diese Anträge nicht gestellt, wenn wir Zweifel gehabt hätten, dass wir hier gegen Europarecht oder Verfassungsrecht verstoßen." 

Österreichs Kanzler: "Wir brauchen gemeinsame Lösungen"

Im Schengen-Raum sind Grenzkontrollen eigentlich nicht vorgesehen. Seit September 2024 kontrolliert die Bundespolizei auf Anordnung von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) dennoch an allen Landgrenzen, um unerwünschte Migration und Kriminalität einzudämmen. An den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz gibt es stationäre Kontrollen schon seit Mitte Oktober 2023, an der deutsch-österreichischen Landgrenze wurden sie bereits 2015 eingeführt. Registriert wurden 2024 laut vorläufigen Zahlen rund 83.000 unerlaubte Einreisen - nach rund 127.500 im Jahr 2023. Mehr als jeder zweite aufgegriffene Ausländer (rund 46.750) wurde zurückgewiesen. 

Mit ihrem Antrag will die Union jetzt dauerhafte Grenzkontrollen zu allen Nachbarländern sowie ein Einreiseverbot für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumenten durchsetzen – auch wenn sie ein Schutzgesuch äußern.

"Wenn jeder von uns jetzt einzeln einfach die Zugbrücken hochzieht, dann sind wir alle ärmer und keiner ist sicherer", so der geschäftsführende österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP). Er freue sich, dass in Deutschland in der Migrationspolitik ein Umdenken stattfinde, so Schallenberg am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. Gleichzeitig müssten aber die Regeln für den grenzkontrollfreien Schengen-Raum einhalten werden. "Wir brauchen – das wissen wir alle – gemeinsame Lösungen", sagte er.

Für Aufsehen sorgen die Äußerungen von Schallenberg auch deswegen, weil er wie Merz Mitglied der europäischen Parteienfamilie EVP ist. 

Gewerkschaft: Für Merz-Pläne fehlen Zehntausende Polizisten

Wie realistisch der Plan der Union ist, ist ohnehin fraglich. Die geforderten dauerhaften Grenzkontrollen sind aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ohne Tausende neue Mitarbeiter nicht zu machen. "Benötigt würden sicherlich 8.000 bis 10.000 zusätzliche Kräfte, um die Grenze umfänglich zu kontrollieren", sagte der GdP-Chef für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der Rheinischen Post. Die Bereitschaftspolizei unterstütze bereits jetzt jede Woche mit etwa 1.000 Kolleginnen und Kollegen an der Grenze. Eine personelle Reform sei daher "zwingend erforderlich", sagte Roßkopf. 

Neben dem Personalmangel sieht er ein weiteres Problem: Modernste Technik wie die Kameraüberwachung mit Drohnen und der Kennzeichen-Erfassung müssten dringend nachgebessert werden. "Moderne und flexible Grenzkontrollen sind kaum vorhanden." Seit 2017 fordere die GdP einen modernen und flexiblen Grenzschutz, bisher sei so gut wie nichts passiert, beklagte er.

dpa/eh/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Migrationspläne der Union: . In: Legal Tribune Online, 27.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56440 (abgerufen am: 17.03.2025 )

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