Facebook-Chef Zuckerberg verkündet Kehrtwende: Meta schafft Fak­ten­che­cker und Mode­ra­tion ab

08.01.2025

Meta-Konzernchef Mark Zuckerberg kündigt die Abkehr vom bisherigen Moderationsmodell bei Facebook, Instagram und Threads an – zumindest in den USA. In Europa stünde diesem Vorhaben der europäische Digital Services Act entgegen.

Der Facebook-Konzern Meta, zu dem auch die Foto- und Video-Plattform Instagram, die Chatdienste WhatsApp und Messenger sowie die X-Alternative Threads gehören, will bei der Verbreitung von Falschbehauptungen auf seinen Plattformen künftig weniger stark eingreifen als bisher. Beschränkungen bei kontroversen Themen wie Migration sollten aufgehoben werden, kündigte Gründer und Konzernchef Mark Zuckerberg an. Er sprach von einer "Zensur", die zu weit gegangen sei. Die Kooperation mit Faktencheckern wird – zunächst nur in den USA – beendet.

Dass diese Änderungen Meta auf Konfrontationskurs mit der EU bringen, ist Zuckerberg bewusst, denn in der EU gibt es ein Gesetz gegen Falschinformationen und Hassreden auf Online-Plattformen. Um Druck gegen diese Regeln zu machen, die Zuckerberg als "institutionalisierte Zensur" bezeichnete, setzt er auf den künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Meta stellte aber klar, es gebe keine "unmittelbaren Pläne", die Faktenchecker auch in der EU abzuschaffen.

Zuckerberg folgt mit dieser Neuerung der Linie des Tech-Milliardärs Elon Musk, der nach der Übernahme von X (ehemals Twitter) Einschränkungen für Äußerungen auf der Plattform weitgehend aufhob. Musks X wird seitdem von Online-Forschern vorgeworfen, Hassrede zuzulassen. X weist das zurück. LTO hatte ausführlich zu einem Verfahren nach dem europäischen Digital Services Act berichtet, das die Europäische Kommission gegen X eröffnet hat.

"Community Notes" ersetzen Faktenchecker

Statt Faktencheckern will sich Meta künftig darauf verlassen, dass Nutzer selbst – wie bei X – Bewertungen von Äußerungen abgeben. Das System für solche "Community Notes" wird gerade aufgesetzt und soll erst in den USA eingeführt werden, bevor es international ausgerollt wird. In Deutschland gebe es keine unmittelbaren Pläne, die Zusammenarbeit mit Faktencheckern zu beenden, so der Konzern.

Die Beschränkungen sollen bei den Themen Migration und Geschlechterfragen aufgehoben werden, da diese laut Zuckerberg "nicht mehr im Einklang mit der öffentlichen Meinung" stünden. Auch die Durchsetzung der Regeln soll reformiert werden: Geringfügige Verstöße würden künftig erst nach Nutzerbeschwerden geprüft, Algorithmen sollen nur bei einer höheren Schwelle eingreifen. Zusätzlich wolle Meta politische und gesellschaftliche Themen wieder stärker in den Fokus rücken.

Zuckerberg erwartet "mehr schlechte Dinge" als Folge

Zuckerberg räumte ein, dass es mit dem neuen Ansatz "mehr schlechte Dinge" auf den Plattformen geben werde. Dafür werde man aber weniger Fehler mit übertriebener Moderation machen. Nach der Präsidentenwahl 2016 mit Trumps erstem Sieg sei die Verbreitung von Falschinformationen im Netz als großes Problem gesehen worden. Man habe versucht, diese Bedenken anzugehen, ohne selbst zu Richtern über Wahr und Unwahr zu werden – aber die Faktenchecker seien zu politisch voreingenommen gewesen und hätten viel Vertrauen zerstört. Der Meta-Chef kritisierte bereits im vergangenen Jahr, dass die US-Regierung unter Joe Biden zu viel Druck gemacht habe, Falschinformationen zum Coronavirus von den Plattformen zu entfernen.

Mit seinem Vorhaben nähert Zuckerberg sich nunmehr an Trump und seine Partei an. Sie hatten seit Jahren behauptet, dass bei Meta "konservative Ansichten" unterdrückt würden, Trump hatte Facebook im Wahlkampf sogar als "Feind des Volkes" bezeichnet. Trump sieht Metas Kurswechsel aufgrund seiner Drohung, Zuckerberg würde den Rest des Lebens im Gefängnis verbringen, wenn man zu dem Schluss komme, dass Meta in den Wahlkampf eingreife, als seinen Verdienst an. Passend zum bevorstehenden Machtwechsel in Washington ernannte Meta Joel Kaplan, einen ehemaligen Mitarbeiter des republikanischen Ex-Präsidenten George W. Bush, zum neuen Politik-Chef. Und: Die Moderationsteams werden aus dem liberalen Kalifornien ins konservative Texas verlagert.

"Die EU wird sich das genau anschauen"

Bundesdigitalminister Volker Wissing (parteilos) sagte am Rande der Technikmesse CES in Las Vegas, er vertraue und setze darauf, dass die EU-Kommission sich das Vorgehen von Meta "genau anschaut, es streng prüft und gegebenenfalls die notwendigen Maßnahmen einleitet". Er habe in dieser Sache schon einen Austausch mit der neuen EU-Kommissarin Henna Virkkunen. "Ich weiß, dass sie diese Fragen sehr ernst nimmt, und sie hat meine volle Unterstützung und mein Vertrauen."

Meta hat in Europa jedenfalls juristisch betrachtet nicht viel Spielraum, eine Kehrtwende wie in den USA umzusetzen. Der Digital Services Act (DSA) bindet gerade großen Konzernen die Hände. Danach sind Online-Plattformen umfangreich für die bei ihnen veröffentlichten Beiträge, Posts und Inhalte verantwortlich.

dpa/eh/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Facebook-Chef Zuckerberg verkündet Kehrtwende: . In: Legal Tribune Online, 08.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56284 (abgerufen am: 08.02.2025 )

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