Corona-Zahlen sinken: Können wir auf die Mas­kenpf­licht ver­zichten?

14.06.2021

Die Maskenpflicht ist Alltag geworden. Nun sinken die Inzidenzwerte und die Debatte entbrennt: Braucht Deutschland die Maskenpflicht noch, insbesondere im Freien? Einige Bundesländer haben in ihren Verordnungen bereits gelockert.

Die weitgehende Aufhebung der Maskenpflicht in Dänemark von diesem Montag an befeuert auch in Deutschland die Diskussion in Sachen Mund-Nasen-Schutz: Soll auch in Deutschland die Maskenpflicht aufgehoben werden?

"Bei den fallenden Inzidenzen sollten wir gestuft vorgehen: In einem ersten Schritt kann die Maskenpflicht draußen grundsätzlich entfallen", sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Montag. In Regionen mit sehr niedriger Inzidenz und einer hohen Impfquote könne die Pflicht nach und nach auch drinnen entfallen. "Als Empfehlung bleibt in jedem Fall eine einfache Regel: im Zweifel mit Maske - besonders beim Reisen und bei Treffen in Innenräumen", betonte der CDU-Politiker.

Die Corona-Infektionszahlen sind in den vergangenen Wochen stark gesunken. Zugleich sind immer mehr Menschen in Deutschland gegen das Virus geimpft. Mehr als 40 Millionen Menschen haben mindestens eine Impfung erhalten, das Land nähert sich damit der 50-Prozent-Marke. Den vollständigen Impfschutz haben mehr als 21 Millionen Bürger, mehr als jeder Vierte also.

Lambrecht fordert Länder zur Prüfung auf

Angesichts dieser Entwicklungen forderte am Wochenende auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht die Länder auf, die weitere Fortdauer der Maskenpflicht hierzulande zu überprüfen. Die Länder müssten klären, "ob und wo eine Maskenpflicht noch verhältnismäßig ist, wenn die Inzidenzzahlen niedrig sind und weiter sinken", sagte die SPD-Politikerin der Bild am Sonntag. "Das gilt auch für die Schulen, denn Schülerinnen und Schüler sind von der Maskenpflicht besonders betroffen."

Der Deutsche Lehrerverband ist gegen eine schnelle Aufhebung der Maskenpflicht an den Schulen. Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger sagte der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Berlin, er rate insbesondere während des Unterrichts zu "größtmöglicher Vorsicht". "Das Virus ist ja noch nicht von der Bildfläche verschwunden." Maskenpflicht und auch regelmäßige Tests sollten im auslaufenden Schuljahr bleiben. Meidinger warnte davor, dass es noch immer erhöhte Infektionszahlen in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen gebe, die bisher kaum geimpft seien. "Auch rund 50 Prozent aller Lehrkräfte verfügen noch nicht über einen vollständigen Impfschutz." Zudem sei die Gefahr einer vierten Welle wegen der Delta-Variante des Virus auch für Deutschland nicht völlig auszuschließen.

Sachsen-Anhalt kündtigte indes an, bereits am morgigen Dienstag einen Vorschlag diskutieren zu wollen, die Maskenpflicht im Unterricht ab der siebten Klasse abzuschaffen.

Bremen und Schleswig-Holstein lockern bereits

In Schleswig-Holstein ist am Montag eine neue Corona-Schutzverordnung in Kraft getreten, die auch Regelungen zur Maskenpflicht enthalten. Danach brauchen Kunden vor Einzelhandelsgeschäften und auf Parkplätzen seit Montag keine Maske mehr zu tragen. In Fußgängerzonen, Haupteinkaufsbereichen, Bahnhöfen oder anderen innerörtlichen Bereichen, Straßen und Plätzen mit vergleichbarem Publikumsverkehr, wo der Abstand typischerweise nicht eingehalten werden kann, gilt hingegen weiter Maskenpflicht. Erlaubt sind aber auch wieder Alltagsmasken aus Stoff.

Auch Bremen hob am Montag die Maskenpflicht im Freien auf. Ausgenommen sind Haltestellen des Nahverkehrs oder Parkplätze von Verkaufsstätten.

Niedersachsen, Hamburg und Berlin wollen am Dienstag beraten

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zeigte sich ebenfalls offen für Lockerungen im Freien. Er warnte aber gleichzeitig davor, den Eindruck zu vermitteln, die Pandemie sei vorbei. "Gleichzeitig müssen wir vorsichtig bleiben, das Virus ist weiterhin auch in Deutschland präsent und wir wissen nicht, was in den nächsten Wochen noch für Herausforderungen auf uns zukommen", sagte der Regierungschef der Hannoverschen Allgemeine Zeitung. Skeptisch sieht Weil Lockerungen in geschlossenen Räumen und vor allem im öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV). "Dort dürfte eine Aufhebung der Maskenpflicht als letztes in Betracht kommen", betonte Weil bei NDR Niedersachsen.

Auch in Berlin wird diskutiert. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) erklärte am Montag: "Ja, wir Länder können das regeln. Aber ich erwarte schon vom Bundesgesundheitsminister einen Vorschlag." Der Berliner Boulevardzeitung B.Z. sagte sie, die Inzidenz falle stetig weiter und im August werde eine Impfquote von 70 Prozent erreicht. "Deshalb sollten wir jetzt die Eindämmungsschritte rückwärts gehen, wobei nach drinnen und draußen differenziert werden muss. Maske generell weg, das geht nicht einfach so. Experten sagen, das Risiko draußen ist geringer." Auch Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen) und der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) halten Lockerungen der Maskenpflicht im Freien durchaus für vertretbar.

Der Hamburger Senat will am Dienstag über die Frage beraten, wie ein Sprecher der Sozialbehörde mitteilte. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion fordert die Aufhebung der Pflicht im Freien. "Das Ansteckungsrisiko im Freien ist nach Experteneinschätzung eher gering und daher ist die Maskenpflicht draußen an der frischen Luft bei der gegenwärtig geringen Inzidenz und Beachtung der Abstandsregeln nicht mehr länger zu rechtfertigen", erklärte CDU-Fraktionschef Dennis Thering am Montag. Die AfD-Fraktion forderte, die öffentliche Maskenpflicht grundsätzlich aufzuheben. "Alles andere ist unverhältnismäßig und unsinnig", sagte ihr gesundheitspolitischer Sprecher Thomas Reich.

ast/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Corona-Zahlen sinken: Können wir auf die Maskenpflicht verzichten? . In: Legal Tribune Online, 14.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45200/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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