Im Februar äußerte sich Ex-VW-Chef Martin Winterkorn noch als Zeuge zur Dieselaffäre. Ab September muss er sich selbst als Angeklagter vor Gericht verantworten. Mehrere Strafverfahren gegen ihn wurden dazu verbunden.
Die Hauptverhandlung gegen Ex-Volkswagenchef Martin Winterkorn soll am 3. September beginnen, teilte das Landgericht (LG) Braunschweig am Freitag mit. Die beiden Strafverfahren gegen ihn zur Dieselaffäre wurden nun zu einem Prozess verbunden. Die 16. Wirtschaftsstrafkammer plant derzeit 89 Verhandlungstermine, die bis in den September 2025 andauern sollen.
Die Anklage wirft ihm zum einen vor, vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags im Januar 2017 nach § 153 des Strafgesetzbuches (StGB) uneidlich falsch ausgesagt zu haben. Zum anderen hat das LG Braunschweig die Anklage der Staatsanwaltschaft wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs zugelassen (§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB). Zudem geht es nun drittens doch wieder um Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Dieses Verfahren war ursprünglich nach § 154 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden, weil Winterkorn bezüglich des Betrugsvorwurfs ein höheres Strafmaß drohte. Deshalb wäre eine Strafe wegen eines Verstoßes gegen das WpHG nicht weiter ins Gewicht gefallen.
Wegen seines gesundheitlichen Zustands konnte bislang aber nicht gegen Winterkorn verhandelt werden. Deshalb hatte die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Wiederaufnahme des WpHG-Verfahrens gestellt, dem das Landgericht Braunschweig nach einer vorangegangenen Entscheidung des Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig entsprach und das Verfahren wiederaufnahm. Deshalb wird in der Hauptverhandlung ab September wieder wegen aller drei Vorwürfe verhandelt, die nun verfahrenstechnisch miteinander verbunden sind.
Winterkorn weist Vorwürfe zurück
Vor etwa einem Monat hatte Winterkorn bereits als Zeuge im Rahmen des seit 2018 laufenden Kapitalanleger-Musterverfahrens (KapMuG-Prozess) gegen Volkswagen (VW) und die Dachgesellschaft Porsche SE vor dem OLG Braunschweig ausgesagt. In diesem Zivilverfahren vor dem OLG nach dem KapMuG ringen Anleger seit 2018 um Schadensersatz, weil sie nach dem Auffliegen des Skandals massive Verluste erlitten hatten. Es geht um rund 4,4 Milliarden Euro. Winterkorn hatte dort die strafrechtliche Verantwortung für die Abgasmanipulationen zurückgewiesen. "Ich halte diese Vorwürfe für unzutreffend", sagte er als Zeuge in dem milliardenschweren Zivilverfahren.
VW hatte statt des Einsatzes teurer Abgastechnik die Messwerte mithilfe versteckter Software-Codes gefälscht. Diese sorgten dafür, dass bei Tests voll gereinigt wurde, im Straßenbetrieb jedoch ein Vielfaches der Emissionen auftrat. "Wäre mir ein vollständiges Bild von den internen Vorgängen in den verantwortlichen Fachabteilungen vermittelt worden, hätte ich nicht gezögert, die Vorgänge direkt anzugehen und aufzuklären", sagte Winterkorn. Er beteuerte, vor dem Bekanntwerden des Skandals nichts von illegalem Tun gewusst zu haben.
Die Dieselaffäre bei VW war im September 2015 aufgeflogen. Wenige Tage später räumte Winterkorn seinen Chefsessel, betonte aber, dass dies keinesfalls ein Eingeständnis seiner Mitschuld sei.
dpa/cho/LTO-Redaktion
Ex-VW-Chef auf der Anklagebank: . In: Legal Tribune Online, 15.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54123 (abgerufen am: 11.12.2024 )
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