Der Schuldspruch gegen Marine Le Pen wegen Veruntreuung trifft sie und Frankreichs Rechtsnationale hart. Die französische Politikerin kann aller Voraussicht nach nicht bei der Präsidentschaftswahl 2027 kandidieren.
Die rechtsnationale französische Politikerin Marine Le Pen ist in der Affäre um die mögliche Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament schuldig gesprochen worden.
Nach einem Schuldspruch in der Affäre um Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament verhängte das Gericht in Paris mit sofortiger Wirkung die Strafe der befristeten Unwählbarkeit für politische Ämter für fünf Jahre. Außerdem wurde Le Pen zu zwei Jahren Haft mit Fußfessel verurteilt worden. Zwei weitere Jahre Freiheitsstrafe setzte das Strafgericht in Paris zur Bewährung aus. Zudem wurde eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 Euro verhängt. Noch bevor die Vorsitzende Richterin das komplette Urteil und die vollständige Strafe gegen Le Pen verkündete, verließ die Politikerin den Gerichtssaal.
Die gegen Le Pen verhängte Ämtersperre beruht auf einem 2016 im Zuge eines Korruptionsskandals erlassenen Gesetz. Demnach wird jeder Mandatsträger, der wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder verurteilt wird, nach einem rechtskräftigen Urteil in der Regel von den nächsten Wahlen ausgeschlossen. Zuvor musste ein Richter die Folge ausdrücklich anordnen.
Le Pens Anwalt kündigt Berufung an
"Es ist mein politischer Tod, der gefordert wird mit vorläufiger Vollstreckung, und das ist, glaube ich, von Anfang an das Ziel dieser Operation", hatte Le Pen auf die Forderung der Anklage reagiert, sie sofort von der Wahl für politische Ämter auszuschließen.
Das Urteil kann angefochten werden. "Wir werden Berufung einlegen", sagte Anwalt Rodolphe Bosselut vor dem Sitz von Le Pens rechter Partei Rassemblement National in Paris. "Ich finde grundsätzlich, dass der Schlag, der heute ausgeteilt wurde, ein Schlag gegen die Demokratie ist." Es gilt gemeinhin aber als unwahrscheinlich, dass ein Berufungsprozess zu einem schnellen Ergebnis kommen würde. Und eine Berufung führt nicht zu einem Aufschub der Ämtersperre. Bis zum Ende der Wahlperiode kann sie in jedem Fall weiter als Abgeordnete im Parlament sitzen, wo sie Fraktionsvorsitzende ist.
Zentraler Vorwurf in dem Prozess war, dass Le Pens Partei Rassemblement National (RN) Geld für parlamentarische Assistenten vom Europäischen Parlament bekommen hat, die aber teilweise oder ganz für die Partei gearbeitet hätten. Die Affäre hatte Le Pen und ihre Partei seit Jahren belastet.
Die Niederlage vor Gericht trifft die RN in einem aus Sicht der Partei ungünstigen Moment. Seit einer Weile ist sie beständig auf dem Vormarsch und im Parlament inzwischen so stark vertreten wie noch nie. Die von ihrem kürzlich verstorbenen Vater Jean-Marie gegründete rechtsextremistische Front National benannte Marine Le Pen 2018 in Rassemblement National um und verzichtete auf einige radikalere Positionen, um die Partei auch für breitere Schichten der Bevölkerung wählbar zu machen.
Kritik aus allen Lagern
Im November hatte Gérald Darmanin, heutiger Justizminister und Mitglied der Macron-Partei Renaissance, das Szenario, dass Le Pen mit einem Ämterverbot belegt werden könnte, als "zutiefst schockierend" bezeichnet. "Der Kampf gegen Madame Le Pen findet an den Wahlurnen statt, nicht anderswo." Er fügte hinzu: "Lasst uns keine Angst vor der Demokratie haben und es vermeiden, den Unterschied zwischen den "Eliten" und der großen Mehrheit unserer Mitbürger noch weiter zu vertiefen."
Auch die Führungsfigur von Frankreichs Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon, kritisiert das Urteil. "Die Entscheidung über die Absetzung eines Politikers sollte dem Volk obliegen", sagte Mélenchon. Er teile die Einschätzung seiner Partei, dass die Rechtsnationalen nicht mit Gerichtsverfahren bekämpft, sondern an den Wahlurnen besiegt werden sollten, so Mélenchon.
Kritik äußerte auch der Fraktionschef der konservativen Républicains, Laurent Wauquiez. "Die Entscheidung, Marine Le Pen zu verurteilen, ist schwerwiegend und außergewöhnlich", meinte Wauquiez. In einer Demokratie sei es nicht gesund, wenn einer gewählten Politikerin die Kandidatur für eine Wahl untersagt werde. "Politische Debatten müssen an der Wahlurne von den Franzosen entschieden werden", betonte Wauquiez.
Weitere Abgeordnete und Mitarbeiter schuldig gesprochen
Wie die Tagesschau berichtet, begründete das Gericht das sofortige Amtsverbot mit einem drohenden "Rückfallrisiko". Zudem habe das Gericht auf eine "erhebliche Störung der öffentlichen Ordnung" verwiesen, "die es bedeuten würde, wenn sich eine in erster Instanz verurteilte Person zur Präsidentschaftswahl stellt".
Le Pen hat die Vorwürfe gegen sie stets zurückgewiesen. "Ich habe nicht das Gefühl, die geringste Regelwidrigkeit, die geringste Rechtswidrigkeit begangen zu haben", sagte sie im Prozess.
Mit ihr wurden acht weitere Abgeordnete ihrer Partei im Europaparlament schuldig gesprochen, sowie 12 parlamentarische Assistenten.
dpa/jb/kus/LTO-Redaktion
* Anm. d. Red.: Beitrag fortlaufend am Erscheinungstag ergänzt, aktuell in der Version vom 31.03.2025, 17:06 Uhr.
Verurteilt wegen Veruntreuung von EU-Geldern: . In: Legal Tribune Online, 31.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56905 (abgerufen am: 22.05.2025 )
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