Gericht urteilt über Whistleblower: Bewäh­rungs­strafen für "Lux­leaks"-Ent­hüller

29.06.2016

Die "Luxleaks"-Enthüller wurden am Mittwoch zu Bewährungsstrafen verurteilt. Ein mitangeklagter Journalist wurde freigesprochen. Nach dem Urteil des Luxemburger Bezirksgerichts gab es vor allem seitens der Politik viel Kritik.

Im "Luxleaks"-Prozess sind die beiden Enthüller fragwürdiger Steuerdeals internationaler Konzerne mit den Luxemburger Finanzbehörden zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Ein dritter Angeklagter, ein Journalist, wurde am Mittwoch vom Bezirksgericht Luxemburg freigesprochen. Die beiden Enthüller (Whistleblower), die für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) gearbeitet hatten, kündigten Berufung an.

Die Enthüllungen aus den Jahren 2012 und 2014 über die Steuerdeals mit großen Konzernen, die in einigen Fällen in Luxemburg nicht einmal ein Prozent ihres Gewinns als Steuer zahlen mussten, hatten in der Europäischen Union zu einer Debatte über mehr Transparenz geführt. Auch andere Staaten, vor allem Irland und die Niederlande, hatten sich jahrelang in einer Art "Steuerwettbewerb" mit Luxemburg befunden. Die "Luxleaks"-Enthüllungen trugen dazu bei, dass in der EU strengere Regeln für die Offenlegung bestehender Steuervereinbarungen beschlossen wurden.

Der Hauptangeklagte Antoine Deltour (30), der vor seinem Ausscheiden bei PwC rund 45.000 Seiten Dokumente über Steuervorbescheide großer Konzerne kopiert hatte, wurde wegen Diebstahls und Verrats von Geschäftsgeheimnissen zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung und zu einer Geldbuße von 1.500 Euro verurteilt. Sein Buchhalter-Kollege Raphaël H. (39) bekam eine Bewährungsstrafe von neun Monaten und eine Geldbuße von 1.000 Euro. Beide müssen außerdem gemeinsam einen Euro als "symbolischen Schadensersatz" an PwC zahlen.

"Für Zivilcourage bestraft"

Der französische Journalist Edouard Perrin (43), der über die Steuerarrangements mit internationalen Konzernen wie Ikea oder McDonalds berichtet hatte, wurde vom Vorwurf der Anstiftung zum Diebstahl freigesprochen. "Das ist eine Warnung an die Whistleblower", sagte Deltour beim Verlassen des Gerichtssaals. Raphaël H. sagte, das Gericht habe zwar grundsätzlich eingeräumt, es mit Hinweisgebern und nicht mit einfachen Kriminellen zu tun zu haben, sei aber dennoch zu einer Verurteilung gelangt. "Ich werde dagegen kämpfen, notfalls jahrelang und bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte."

Kritik kam auch von Politikern. "Das Urteil ist ein Skandal", sagte der SPD-Europaabgeordnete Peter Simon. Wer auf einen offensichtlichen Missstand aufmerksam mache, werde "für Zivilcourage bestraft und an den Pranger gestellt". "Dieser Mut hätte belohnt und nicht bestraft werden müssen", erklärte der FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer. Als "zutiefst bedauerlich" kritisierten die Grünen im Europaparlament die Entscheidung.

dpa/una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Gericht urteilt über Whistleblower: Bewährungsstrafen für "Luxleaks"-Enthüller . In: Legal Tribune Online, 29.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19837/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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