Wenn ALG-II-Empfänger für Heizkosten selber aufkommen: Rück­zah­lung min­dert Anspruch nicht

26.11.2015

Rückzahlungen aus Heizkostenvorauszahlungen dürfen nicht immer auf Hartz IV angerechnet werden. Zumindest nicht, wenn das Geld aus der Regelleistung angespart oder es geliehen wurde, so das LSG Niedersachsen-Bremen.

Rückzahlungen aufgrund zu hoher Heizkostenvorauszahlungen führen unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu geringeren Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) entschieden (Urt. v. 23.09.2015, Az. L 13 AS 164/14).

Zwar sehe das Gesetz auf den ersten Blick eine leistungsmindernde Anrechnung solcher Guthaben vor, wenn sie an Empfänger von Arbeitslosengeld (ALG) II ausgekehrt werden. Dies sei aber nicht der Fall, wenn das Guthaben zuvor aus der Regelleistung angespart wurde oder durch geliehenes Geld zustande gekommen ist.

Im zugrundeliegenden Fall erhielt eine Frau aus dem im Landkreis Leer Leistungen nach dem SGB II. Der Abschlag, den die Frau ihrem Energieversorger im betroffenen Jahr 2011 für die Belieferung mit Erdgas zur Beheizung ihrer Wohnung zu zahlen hatte, betrug 115 Euro monatlich. Der beklagte Landkreis hielt diese Kosten für unangemessen hoch und übernahm Heizkosten nur in Höhe von 68,40 Euro. Um die Abschläge dennoch vollständig erbringen zu können, lieh die Frau sich bei einem Bekannten Geld.

Nach der Jahresabrechnung erhielt die Frau eine Rückerstattung ihre Energieversorgers, mit der sie ihrem Bekannten das geliehene Geld zurückzahlte. Der Landkreis rechnete das vom Energieversorger ausgekehrte Guthaben im Februar 2012 leistungsmindernd an und berief sich dazu auf eine gesetzliche Vorgabe in § 22 Abs. 3 SGB II.

Das Sozialgericht Aurich hat die Entscheidung des beklagten Landkreises aufgehoben. Das LSG hat das Urteil des Sozialgerichts bestätigt. Das ausgekehrte Guthaben beruhe auf dem Teil der Vorauszahlung, der von der Klägerin über ein Darlehen finanziert worden sei, der von der Beklagten getragene Anteil war vollständig verbraucht worden.

Hoher Abschlag nicht zu Lasten der Hartz IV Empfänger

Zwar unterscheide der Gesetzeswortlaut nicht, ob das Guthaben beim Energieversorger durch Zahlungen des Leistungsträgers oder aber durch eigene Leistung des Hartz-IV-Empfängers zustande gekommen sei. Eine solche Unterscheidung sei jedoch erforderlich. Der Senat knüpft dabei daran an, dass das Gesetz vom Wortlaut her am Bedarf für Unterkunft und Heizung ansetze, dem die Rückzahlungen der Energieversorger zuzuordnen sein sollen.

Der Bedarf umfasse jedoch nur die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Bei einer solchen bedarfsbezogenen Betrachtung müsse daher der Anteil des Heizkostenguthabens außer Betracht bleiben, der von der bezugsberechtigten Frau selbst über das Darlehen finanziert worden sei.

Dieses Ergebnis stimme mit dem Gesetzeszweck überein, wonach den kommunalen Trägern Guthaben zugutekommen sollten, die wesentlich mit ihren Beiträgen aufgebracht worden seien. Letzteres könne im Fall der klagenden Frau gerade nicht festgestellt werden.

Im Übrigen könne ein Hartz-IV-Empfänger nicht eigenmächtig überhöhte Abschlagsforderungen eines Energieversorgers kürzen. Gleichzeitig würden die durch den Energieversorgern festgelegten überhöhten Abschlagszahlungen praktisch eine Kürzung der Hartz-IV-Leistungen im Monat nach der Jahresabrechnung bedeuten.

Auch komme eine leistungsmindernde Anrechnung der Rückzahlung als Einkommen nicht in Betracht. Wenn der Leistungsberechtigte eine höhere Heizkostenvorauszahlung z.B. aus der Regelleistung angespart bzw. aufgebracht habe, dürfe ihm dies nicht bei der Rückzahlung leistungsmindernd vorgehalten werden. Denn an andere Stelle des Gesetzes werde gerade erwartet, dass der Leistungsempfänger aus der Regelleistung auch Ansparungen bilde.

tap/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Wenn ALG-II-Empfänger für Heizkosten selber aufkommen: . In: Legal Tribune Online, 26.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17674 (abgerufen am: 10.11.2024 )

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