36 Jahre wohnte ein Mann in derselben Wohnung, dann kam die Eigenbedarfskündigung. Der Sozialhilfeempfänger verlor die Räumungsklage und bezahle die Prozesskosten. Die Stadt Kassel muss ihm diese nicht erstatten, so das LSG Hessen.
Der Sozialhilfeträger muss nicht die Kosten einer Räumungsklage tragen. Das gilt auch dann, wenn die Stadt später die Kosten für die neue Wohnung eines Anspruchsberechtigten übernimmt, hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) entschieden (Urt. v. 27.08.2025, Az. L 4 SO 38/25). Denn Prozesskosten zählten nicht zu den angemessenen Unterkunftskosten.
Über drei Jahrzehnte wohnte ein 72-jähriger Sozialhilfeempfänger in Kassel in derselben Wohnung. Doch neue Eigentümer der Wohnung kündigten ihm wegen Eigenbedarfs, § 573 Abs. 1, 2 Nr.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Das Amtsgericht Kassel bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung. Der Senior musste ausziehen und 1.270 Euro Prozesskosten zahlen, die er auch beglich.
Die Stadt Kassel übernahm die Kosten der neuen Wohnung, der Mann wollte zudem vom Sozialamt die Erstattung der Prozesskosten. Er argumentierte, seine "persönliche Mittellosigkeit" mache es ihm unzumutbar, diese Kosten selbst zu tragen. Die Stadt lehnte den Antrag ab unter Hinweis darauf, dass der Mann die Kosten bereits bezahlen konnte.
Räumungsklage beruhte nicht auf Mietrückständen
Sozialgericht Kassel und das LSG wiesen die Klage des Mannes ab: Prozesskosten würden nicht zu den angemessenen Unterkunftskosten zählen, § 35 Abs.1 S.1 Sozialgesetzbuch (SGB) XII. Anders sei es nur, wenn die Räumungsklage auf Mietrückständen beruhe. Das war hier gerade nicht der Fall: Die Miete wurde durchgehend von der Stadt Kassel übernommen und es gab keinerlei Rückstände. Allein der rechtmäßige Eigenbedarf löste die Klage aus.
Auch als Schulden im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XII könnten die Prozesskosten nicht vom Sozialamt übernommen werden. Der Mann hatte sie freiwillig gezahlt – ohne vorher beim Amt anzuzeigen, dass er dazu finanziell nicht in der Lage gewesen sei. Außerdem habe er die Wohnung endgültig aufgegeben, als er in seine neue Bleibe zog. Die Sozialhilfe müsse also nicht dabei helfen, die Wohnung für den Senior zu erhalten.
Das LSG ließ die Revision nicht zu.
sj/LTO-Redaktion
Hessisches Landessozialgericht zu Räumungsklage: . In: Legal Tribune Online, 06.10.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58308 (abgerufen am: 14.11.2025 )
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