Druckversion
Dienstag, 5.12.2023, 14:11 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/lsg-baden-wuerttemberg-soldatenversorgung-beschaedigtenrente-nicht-fuer-auslaendische-soldaten-nur-fuer-bundeswehr-militaerdienst-deutschland-aufopferungsgedanke-leistungspflicht-staat/
Fenster schließen
Artikel drucken
49255

LSG Baden-Württemberg zum Soldatenversorgungsgesetz: Keine Beschä­d­ig­ten­rente für aus­län­di­sche Sol­daten

08.08.2022

Eine Person in Uniform des türkischen Militärs

Ein Mann kämpfte im Krieg für die Türkei als türkischer Soldat gegen die PKK, kam danach nach Deutschland und wollte hier eine Beschädigtenrente nach dem Soldatenversorgungsgesetz erhalten. Damit scheiterte er nun vor dem LSG BaWü. Foto: Bumble Dee/stock.adobe.com

Ein türkischer Ex-Soldat argumentierte, die Militärdienste in Deutschland und der Türkei als NATO-Staaten seien gleichzusetzen. Das LSG Baden-Württemberg stellte jetzt klar: Das Soldatenversorgungsgesetz gilt nur für Bundeswehrangehörige.

Anzeige

Wer in der Türkei Militärdienst geleistet hat, hat keine Ansprüche nach dem deutschen Soldatenversorgungsgesetz (SVG). Diese Versorgungsansprüche sind auf Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sowie deren Hinterbliebene beschränkt. Das entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) in einem am Montag veröffentlichten Urteil (Urt. v. 21.7.2022, Az. L 6 VS 933/22).

Militärdienst beim türkischen Militär

Ein heute 50-Jähriger hat von 1998 bis 2000 Militärdienst beim türkischen Militär geleistet. Mit Mitte 20 hatte er dort in Ostanatolien in den Bergen bei Wind, Kälte und Nässe gegen die PKK gekämpft, es herrschte Krieg. Heute leidet der Mann an einer chronischen Lungenerkrankung, die er auf diese Verhältnisse zurückführt. Er habe damals zwölf stündige Wachdienste ohne Pause oder Ablösung halten müssen. Durch dieses ständige Wachsein bei Nässe und Kälte sei seine Lungenfunktion heute eingeschränkt und er leide unter Bronchialasthma.

Seit 2000 lebt der Mann in Deutschland und empfängt seit 2010 "Hartz IV". Er ist schwerbehindert und beantragte mehrfach Beschädigtenrente nach dem SVG, denn sein heutiger Gesundheitszustand sei auf seinen Militärdienst in der Türkei zurückzuführen. Das SVG müsse nämlich auch für ihn gelten, da die Türkei genau wie Deutschland Mitglied in der NATO sei und daher der Militärdienst in den beiden Staaten gleichzusetzen sei.

Das Land Baden-Württemberg (BaWü) lehnte die Anträge jedoch immer wieder ab, zuletzt im März 2021. Denn die Beschädigtenversorgung nach dem SVG gelte nur für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Als Militärdienstleistender in der Türkei gehöre der Mann nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis.

Staatliche Leistungspflicht wegen Aufopferung für den Staat

Auch das LSG bestätigte diese Ansicht nun. Da der ehemalige türkische Soldat niemals Dienst in der Bundeswehr geleistet habe, "unterfalle er nicht dem persönlichen Geltungsbereich des SVG". Sinn und Zweck des Gesetzes sei es, dass Soldaten im Dienst der Bundeswehr für den deutschen Staat ein besonderes Opfer erbringen, dass "unter dem Gesichtspunkt des Aufopferungsgedankens eine staatliche Leistungspflicht" begründe.

Der klagende Mann habe aber in einem Dienstverhältnis zum türkischen und nicht zum deutschen Staat gestanden, woran auch die NATO-Mitgliedschaft beider Staaten nichts ändere – selbst, wenn es um einen NATO-Einsatz gehen würde, was der Mann hier schon gar nicht vorgebracht hatte. Es sei also keine Leistungspflicht des deutschen Staates begründet.

Außerdem sei das SVG nicht analog anwendbar, im Besoldungs- und Versorgungsrecht komme nämlich "dem Gesetzeswortlaut wegen der strikten Gesetzesbindung besondere Bedeutung zu". Schließen scheiterten auch Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten (OEG), da keine Anhaltspunkte für einen tätlichen rechtswidrigen Angriff vorlägen. Außerdem sei das OEG nicht anwendbar, der der klagende Ex-Soldate sich von 1998 bis 2000 und damit länger als sechs Monate außerhalb des Geltungsbereichs des OEG befunden habe.

Gilt auch für Deutsche, die freiwillig in der Ukraine kämpfen

Das Gericht hob im Hinblick auf das Urteil auch die besondere Aktualität der Entscheidung hevor. Denn das Urteil dürfe auch auf "diejenigen, die sich im Ausland an Kriegseinsätzen beteiligen (zB in der Ukraine)" übertragbar sein.

ast/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

LSG Baden-Württemberg zum Soldatenversorgungsgesetz: Keine Beschädigtenrente für ausländische Soldaten . In: Legal Tribune Online, 08.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49255/ (abgerufen am: 09.12.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Sozialrecht
    • Beamtenrecht
    • Bundeswehr
    • Krieg
    • Militär
  • Gerichte
    • Landessozialgericht Baden-Württemberg
22.11.2023
Israel

Israels Militäroperation im Al-Schifa-Hospital:

Ein Kran­ken­haus als mili­täri­sches Ziel

Nach dem humanitären Völkerrecht sind militärische Einsätze gegen Krankenhäuser verboten. Das gilt aber nicht absolut. Wann verlieren sie den Schutz – und welche Regeln gelten dann?

Artikel lesen
09.11.2023
Menschenrechte

Lage der Menschenrechte in Deutschland:

Verbot pro-­pa­läs­ti­nen­si­scher Demos besorgt UN

Polizeigewalt, Rassismus, häusliche Gewalt – aber auch das Verbot von Versammlungen: Der UN-Menschenrechtsrat hat die humanitäre Lage in Deutschland geprüft und der Bundesregierung Empfehlungen mit auf den Weg gegeben.

Artikel lesen
08.12.2023
BRAK

BRAK möchte Brüsseler Büroleiterin loswerden:

Mit "Schein­ver­trag" Sozial­ab­gaben gespart?

Die BRAK will die langjährige Leiterin ihres Brüsseler Büros loswerden, scheitert damit aber bisher vor den Arbeitsgerichten. Bei dem Streit geht es um einen "Scheinvertrag" nach belgischem Recht und wohl auch um eine angemessene Abfindung.

Artikel lesen
08.12.2023
Nachrichten

IOC-Zulassung für 2024 unter Auflagen:

Rus­si­sche und bela­rus­si­sche Ath­leten dürfen an Olympia teil­nehmen

Seit Russlands Angriff auf die Ukraine tobt die Debatte über den Umgang mit russischen Sportlern. Jetzt hat das IOC die Athleten aus Russland und Belarus zu den Sommerspielen zugelassen. Flagge zeigen dürfen sie allerdings nicht.

Artikel lesen
06.12.2023
Weihnachten

Party und Arbeitsrecht:

8 Regeln für die Weih­nachts­feier

Glühwein, Plätzchen, Heiterkeit: Die Weihnachtszeit ist da und bringt nicht nur Festlichkeit, sondern auch rechtliche Stolpersteine mit sich. Hier ist der arbeitsrechtliche How-to-Guide mit acht Tipps für Weihnachtsfeiern.  

Artikel lesen
07.12.2023
Bürgergeld

Der Sozialstaat nach dem Schuldenbremse-Urteil:

Die Höhe des Bür­ger­geldes ist nicht beliebig

Sollte das Bürgergeld wegen knapper Kassen nicht erhöht werden? Vorschläge, Haushaltsprobleme bei den Ärmsten abzuladen, haben Konjunktur. Doch sie verkennen das Gesetz und die Rechtsprechung des BVerfG. Eine Analyse von Thorsten Kingreen.

Artikel lesen
TopJOBS
Ju­ris­tin/Ju­rist (m/w/d) im Ver­wal­tungs­di­enst, u.a. in Bonn

Bundeswehr , Bonn und 1 wei­te­re

Rechts­an­walt/in (m/w/d) im Be­reich Ar­beits­recht

Dr. Schreiner + Partner , At­ten­dorn

Steu­er-/Wirt­schafts­prü­fung­sas­sis­tent*in­nen (m/w/d)

Geipel & Kollmannsberger Partnerschaft mbB , Mün­chen

Re­fe­ren­da­re | Düs­sel­dorf

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Düs­sel­dorf

Geld ver­die­nen als Te­le­fon­an­walt / Te­le­fon­an­wäl­tin

DAHAG Rechtsservices AG , 100% Re­mo­te

Rechts­an­walt / Fach­an­walt (m/w/d) Ar­beits­recht

Iffland Wischnewski Rechtsanwälte , Darm­stadt

Ju­ris­tin/Ju­rist (m/w/d) im Ver­wal­tungs­di­enst, u.a. in Köln

Bundeswehr , Bun­des­weit und 1 wei­te­re

Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
Fachanwaltslehrgang Versicherungsrecht im Fernstudium/online

11.12.2023

Essentials – Die moderne Anwaltskanzlei

11.12.2023

Der Einstieg in die Gebührenabrechnung nach RVG

11.12.2023

beA-Nutzung in RA-MICRO im Posteingang und Postausgang

11.12.2023

GmbH-Steuer-Highlights 2023/2024

12.12.2023

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH