LSG zum Umfang des zu gewährleistenden Existenzminimums: Job­center muss keinen Hund als Haus­tier finan­zieren

31.07.2023

Was zum verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimum gehört und was nicht, ist immer wieder Gegenstand von Sozialgerichtsverfahren. Nun hat das LSG entschieden: Die Kosten für einen Hund muss das Jobcenter nicht übernehmen.

Der Wunsch nach Tierhaltung begründet keinen Anspruch auf höhere Leistungen des Jobcenters. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit am Montag veröffentlichtem Urteil entschieden (Urt. v. 20.06.2023, Az. L 9 AS 2274/22). 

In dem Fall ging es um einen Mann aus Baden-Württemberg, der seit 2005 Arbeitslosengeld II bezieht und beim zuständigen Jobcenter die Kostenübernahme für die Anschaffung und Haltung eines Hundes erreichen wollte. Den Antrag begründete er damit, er benötige einen Begleithund als soziale Unterstützung während und insbesondere nach der Corona-Pandemie, um die schweren Folgen sozialer und finanzieller Isolation zu kompensieren. Auch solle die Hundehaltung dazu beitragen, Tagesstrukturen zu entwickeln und soziale Kontakte zu knüpfen. Ihm sei daher der dauerhafte Sozialkontakt zu einem Begleithund auf Lebenszeit als Familienersatz zu gewähren.

Die Kosten bezifferte er dabei mit 2.000 Euro für die Anschaffung eines Hundes sowie von monatlich 200 Euro für laufende Kosten wie Futter und Hundesteuer. Das Jobcenter lehnte den Antrag ab. Daraufhin zog der Mann vor Gericht – und blieb dort nun erfolglos.

Hund als "Sozialkontakthilfe" ist kein besonderer Bedarf

Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für einen Mehrbedarf wegen Tierhaltung sehe das SGB II nicht vor, so das LSG. Es stehe zwar außer Frage, dass die Haltung eines Hundes eine Art soziale Zuwendung und sogar einen Familienersatz biete und auch für die Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur hilfreich sein könne. Dies ändere jedoch nichts an dem Umstand, dass Hundehaltung nicht zu dem nach dem SGB II zu gewährleistenden Existenzminimum gehöre.  

Auch einen besonderen Bedarf nach § 21 Abs. 1, 6 SGB II, der ausnahmsweise bestimmte begehrte Leistung rechtfertigen könne, sei nicht zu erkennen, so das Gericht. Denn es liege selbst in der Hand des klagenden Mannes, diesen Bedarf zu steuern: Anders als beispielsweise bei bestimmten Erkrankungen mit dauerhaft erhöhtem Hygienebedarf, die zwingend anfallen und für die eine Übernahme der Kosten als möglich angesehen werde, könne er die Kosten einer Hundehaltung vermeiden - indem er sich ganz einfach keinen Hund anschaffe.

Zudem sei dem Mann die Pflege sozialer Kontakte sowohl zu Hunde- als auch zu Nichthundebesitzern in seinem Wohnumfeld unabhängig davon möglich, ob er selbst einen Hund besitzt, stellte das Gericht weiter fest. Er befinde sich – auch unter Berücksichtigung der coronabedingten Isolationsvorschriften – nicht in einer außergewöhnlichen Lebenssituation, in der ohne die Finanzierung der Hundehaltung verfassungsrechtlich geschützte Güter gefährdet würden. Eine konkrete und unmittelbare Gefährdung der Gesundheit sei ebenfalls nicht zu erkennen, sie sei auch von dem klagenden Mann ausdrücklich nicht geltend gemacht. Er habe sich nämlich ausdrücklich nicht an seine Krankenkasse gewandt, weil er nach eigenem Vortrag keine "medizinische" Leistung in Form eines "Psychotherapie-Assistenzhunds" brauche, sondern einen "Begleithund" als "Sozialkontakthilfe". 

pab/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG zum Umfang des zu gewährleistenden Existenzminimums: . In: Legal Tribune Online, 31.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52378 (abgerufen am: 06.10.2024 )

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