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Fünf Fragen zur Lkw-Demo an einen Strafverteidiger: "Vieles spricht für eine Nöt­i­gung"

Kurzinterview von Tanja Podolski

16.03.2022

Organisator Gerd Fischer, Spediteur und LKW-Fahrer, versammelt sich mit anderen zu einer Demonstration gegen die aktuellen Kraftstoffpreise.

Organisator Gerd Fischer, Spediteur und LKW-Fahrer, versammelt sich mit anderen zu einer Demonstration gegen die aktuellen Kraftstoffpreise. Foto: picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd

Lkw-Fahrer wollen am Mittwoch aus Protest gegen hohe Spritpreise Autobahnen blockieren. Strafrechtler Ingo Bott erklärt im Kurzinterview, inwieweit dieses Verhalten strafbar sein kann.

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LTO: Herr Dr. Bott, Lkw Fahrer:innen haben angekündigt, in NRW Autobahnen über langsames Fahren oder womöglich stehen bleiben zu blockieren, um ihren Protest gegen hohe Spritpreise kundzutun. Ist das noch eine rechtmäßige Demonstration oder schon strafbares Verhalten?

Prof. h.c. (UTP Peru) Dr. Ingo Bott: Es spricht viel dafür, dass die Demonstration in der angekündigten Form ein strafbares Verhalten im Sinne des Nötigungstatbestandes darstellt, § 240 Strafgesetzbuch (StGB). Dafür spricht auch die bisherige Rechtsprechung. Danach gilt, dass derjenige, der im Straßenverkehr eine physische Barriere errichtet, diejenigen, die durch diese Barriere gebremst werden, nötigt.

Wo verläuft die Grenze zu einer rechtmäßigen Demonstration?

Eine pauschale Antwort ist hier schwierig. Vieles hängt davon ab, wie eine solche Blockade verläuft. Sobald es zu Ausschreitungen kommt, steht die Friedlichkeit der Demonstration in Frage. Das kann dazu führen, dass der Grundrechtsschutz der Versammlungsfreiheit, der aus Artikel 8 Grundgesetz gewährleistet ist, nicht mehr rechtfertigend wirkt.

Gibt es Unterschiede zu den Aktivist:innen von "Aufstand der letzten Generation", die sich auf der Autobahn festkleben?

Der Unterschied liegt hier darin, dass bei Aktivisten zunächst ein psychischer Zwang entsteht, die Lastkraftwagen dagegen einen unmittelbaren physischen Zwang darstellen. Was eine Strafbarkeit unter Nötigungsgesichtspunkten anbelangt, entsteht dadurch allerdings im Ergebnis kein nennenswerter Unterschied. Die LKW-Blockade ist sogar noch deutlicher zu greifen.

Aufgerufen zu der Demonstration hat offenbar ein Spediteur aus Bergisch Gladbach. Er hat laut WDR per Whatsapp und Lkw-Funk seine Kolleg:innen mobilisiert. Was ist, wenn es Auffahrunfälle gibt und Menschen verletzt werden?

Bei Verletzungen von Menschen durch Straßenblockaden steht eine Strafbarkeit wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr im Raum, § 315b StGB. Jedenfalls objektiv dürfte bei einem Unfall, der durch eine solche Blockade verursacht ist, von einem solchen Strafbarkeitsrisiko auszugehen sein, sobald ein Verkehrsteilnehmer zu Schaden kommt.

Kann der Initiator in dem Fall zur Verantwortung gezogen werden?

Als Organisator einer solchen Blockade steht ein Strafbarkeitsrisiko im Raum. Zu denken ist hier beispielsweise an eine Anstiftung. Außerdem könnte selbst dann, wenn kein Vorsatz nachweisbar sein sollte, etwa bei einem Schaden für einen Verkehrsteilnehmer eine fahrlässige Körperverletzung in Betracht kommen.

Herr Dr. Bott, vielen Dank für die Erläuterungen.

Prof. h.c. (UTP Peru) Dr. Ingo Bott ist Fachanwalt für Strafrecht und Partner der Kanzlei Plan A in Düsseldorf.

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Fünf Fragen zur Lkw-Demo an einen Strafverteidiger: . In: Legal Tribune Online, 16.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47846 (abgerufen am: 11.11.2025 )

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