LG Frankenthal zur Einwilligung: Auf­klärung nicht erst halbe Stunde vor der Ope­ra­tion

27.07.2022

Vor einer Operation müssen Patienten nicht nur ausführlich von den Ärzten aufgeklärt werden - sondern auch ausreichend vorher. Ansonsten ist die Einwilligung in die Operation unwirksam, meint das LG Frankenthal.

Ein ärztliches Aufklärungsgespräch über eine Operation darf nicht erst kurz davor erfolgen. Ein Aufklärungsgespräch erst am Tag der Operation oder sogar erst während der Vorbereitung sei grundsätzlich zu spät und die Einwilligung in die OP damit unwirksam. Das hat das Landgericht Frankenthal (LG) entschieden (Urt. v. 30.05.2022, Az. 4 O 147/21). 

Eine Frau litt laut Gericht unter anderem unter starker Kurzsichtigkeit, einem erhöhten Augeninnendruck und einer Trübung der Linse. Nach der OP, bei der sie bei einem Auge eine Linse mit mehreren Sehstärken eingesetzt bekommen habe, habe sich ihre Sehfähigkeit wesentlich verschlechtert. Dem Arzt zufolge habe das Aufklärungsgespräch erst am OP-Tag und zwar etwa eine halbe Stunde vor dem Eingriff im Rahmen einer vorbereitenden Untersuchung stattgefunden.

Die Patientin gab dem operierenden Arzt die Schuld für die missglückte OP. Ihm seien Fehler bei der Behandlung unterlaufen. Außerdem habe er sie nicht ausreichend über die Risiken der Operation aufgeklärt, weshalb sie sich nicht für eine andere, weniger riskante Behandlung entschieden habe. Sie verklagte den behandelnden Arzt auf ein angemessenes Schmerzensgeld.

Die Klage der Patientin war erfolgreich. Das Gericht erklärte, dass die Einwilligung eines Patienten in einen ärztlichen Eingriff nur dann wirksam sei, wenn der Arzt zuvor verständlich und ausführlich über die Risiken der OP aufgeklärt habe. Die Aufklärung müsse auch so frühzeitig sein, dass dem Patienten für die Entscheidung genügend Bedenkzeit verbleibt. Ein Aufklärungsgespräch erst am Tag der Operation oder sogar erst während der OP-Vorbereitung sei wegen des bestehenden Zeitdrucks grundsätzlich verspätet.

Auch wenn nicht aufgeklärt werden konnte, ob die Operation fehlerhaft war, sei sie alleine aufgrund der fehlenden wirksamen Einwilligung rechtswidrig. Das LG hat der Patientin ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro zugesprochen.

cp/LTO-Redaktion

Mit Material der dpa

Zitiervorschlag

LG Frankenthal zur Einwilligung: . In: Legal Tribune Online, 27.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49165 (abgerufen am: 09.12.2024 )

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