Die BILD durfte Fotos und Kommentare von Facebook-Nutzern veröffentlichen, die zuvor gegen Flüchtlinge gehetzt hatten. Das entschied nun das LG München I und wies damit den Antrag einer Betroffenen auf einstweiligen Rechtsschutz ab.
Die BILD hatte Ende Oktober 2015 in ihrer Printausgabe wie auch auf bild.de die Identität von Facebook-Nutzern öffentlich gemacht, die in dem sozialen Netzwerk ihrer Meinung nach ausländerfeindliche und menschenverachtende Beiträge gegen Flüchtlinge gepostet hatten. Das Boulevardmagazin veröffentlichte dabei Screenshots der Kommentare, auf denen auch die Nutzernamen und Profilbilder der "Hetzer" deutlich zu erkennen waren. Eine Facebook-Nutzerin wandte sich hiergegen im Wege des einstweiligen Rechtschutzes an das Landgericht (LG) München I – jedoch ohne Erfolg.
Das Gericht wies ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach mündlicher Verhandlung ab, teilte die Anwaltskanzlei Raue LLP am Freitag mit, die den Axel Springer-Verlag bei dem Verfahren vertrat. Die öffentliche Wiedergabe der Facebook-Kommentare in der Printausgabe und der Onlineversion verletze weder die Persönlichkeitsrechte der Antragstellerin, noch sei sie urheberrechtlich zu beanstanden, habe das Münchener Gericht geurteilt (Urt. v. 10.12.2015, Az. 7 O 20028/15).
Die Facebook-Userin könne sich nicht auf ihr Recht am eigenen Bild berufen. Nach der gebotenen Abwägung überwögen die Interessen der BILD an einer Berichterstattung über das Phänomen der Facebook-Hetze gegen Flüchtlinge als zeitgeschichtliches Ereignis. Dabei dürfe das Blatt auch das Profilbild der Facebook-Nutzerin zeigen, welches sie selbst öffentlich gemacht habe, so das LG.
Auch aus urheberrechtlicher Sicht ist die Veröffentlichung nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden. Da die Nutzerin ihr Profilbild ohne Einschränkungen bei Facebook eingestellt habe, sei die weitere Verbreitung durch andere Medien im Internet nach der Rechtsprechung des EuGH schon keine weitere öffentliche Wiedergabe. Zudem sei die Schranke des § 48 UrhG für die Wiedergabe öffentlicher Reden durch Medien auf die Verbreitung von Facebook-Posts samt Profilbild analog anzuwenden. Ferner sei die Veröffentlichung des Screenshots sowohl vom Zitatrecht nach § 51 UrhG als auch von der Schranke für Tagesereignisse nach § 50 UrhG gedeckt.
mbr/LTO-Redaktion
LG München I zu "Pranger der Schande": . In: Legal Tribune Online, 11.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17841 (abgerufen am: 08.12.2024 )
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