Ein ehemaliger Partner einer Großkanzlei räumte am Dienstag mehrere Vergewaltigungen und den Besitz von Kinderpornos ein. Er habe zwei Touristinnen K.O.-Tropfen verabreicht und sie dann missbraucht. Ob er in Haft muss, ist noch nicht klar.
Von dem Prozess, der am Dienstag vor dem Landgericht (LG) München I begann, war bis vor wenigen Monaten selbst in der gut informierten Münchner Juristenszene nur wenigen bekannt. Dabei sitzt der 40-jährige Angeklagte seit Juni 2016 in Untersuchungshaft, die ihm von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegten Vorwürfe sind gravierend.
In sieben Terminen soll das Landgericht nun klären, ob der ehemalige Wirtschaftsanwalt, bei dem es sich nach LTO-Informationen um einen ehemaligen Partner von Baker McKenzie in München handelt, tatsächlich zwei Touristinnen, denen er über die bekannte Vermittlungsplattform Couchsurfing.com eine Unterkunft angeboten hatte, mehrfach zunächst K.O.-Tropfen verabreicht und diese dann vergewaltigt und missbraucht hat. Bei zwei Wohnungsdurchsuchungen wurden laut Anklageschrift zudem über 30.000 Bilddateien sowie mehr als 2.000 Videodateien mit kinderpornografischem Material gefunden.
Die Anklage legt ihm daher den Besitz kinderpornographischer Schriften in Tatmehrheit mit sechs tatmehrheitlichen Fällen der besonders schweren Vergewaltigung, jeweils in Tateinheit mit sechs tatmehrheitlichen Fällen der gefährlichen Körperverletzung zur Last.
Touristinnen mit K.O.-Tropfen betäubt und missbraucht
Zwischen Juli 2015 und Mai 2016 soll er zwei Touristinnen, die jeweils kurzfristig in seiner Wohnung in München eine Unterkunft fanden, jeweils mit K.O.-Tropfen betäubt haben. Danach habe er per Kamera des Babyphones, mit dem er sein Gästezimmer überwachte, überprüft, ob sie bewusstlos waren, und sie dann vaginal, oral, mit den Fingern oder mit Gegenständen missbraucht. Sämtliche Taten sind von der Kamera am Babyphone aufgezeichnet worden.
Der Jurist räumt die Tatvorwürfe umfassend ein. Sein Verteidiger Steffen Lindberg sagte, er bereue zutiefst, was passiert sei. Vor Gericht berichtete der 40-Jährige im öffentlichen Teil der Verhandlung ausführlich von mehreren Schicksalsschlägen und einer hohen Arbeitsbelastung. Er schilderte, in eine Krise geraten zu sein, als sein Förderer in der Kanzlei bei einem Autounfall starb. Im August 2014 war ein Münchner IT-Partner von Baker McKenzie auf der A95 ums Leben kommen.
Sein Mandant wolle eine Therapie machen und bemühe sich um einen Ausgleich mit den beiden Geschädigten, betonte auch Verteidiger Dr. Nicolas A. Frühsorger am Dienstag vor dem LG München I. Der Münchner Strafrechtler betreut das Mandat gemeinsam mit dem Mannheimer Strafverteidiger Lindberg.
Eines der Opfer ist seine Ehefrau
Auf das Strafmaß dürfte sich das positiv auswirken. Nach Einschätzung eines auf das Sexualstrafrecht spezialisierten Münchner Strafverteidigers könnte das Geständnis die Freiheitsstrafe von ca. zehn auf acht Jahre reduzieren.
Möglich ist allerdings auch, dass das Gericht die Unterbringung des Juristen in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnet. Die Öffentlichkeit wurde am Dienstag ausgeschlossen, als es um sein Sexualleben ging, ein Psychiater begutachtet seine Schuldfähigkeit.
Seine Karriere als Wirtschaftsanwalt zumindest dürfte beendet sein. Nach LTO-Informationen hat der Angeklagte nach den Hausdurchsuchungen einen Aufhebungsvertrag bei seinem Arbeitgeber unterzeichnet und seine Anwalts-Zulassung zurückgegeben.
Am Donnerstag wird das Verfahren fortgesetzt, eine der geschädigten Touristinnen soll aussagen. Man rechnet damit, dass das den ganzen Tag dauern kann. Die Verteidigung dürfte versuchen, bei dieser Gelegenheit einen Täter-Opfer-Ausgleich mit der extra eingeflogenen Chinesin durchzuführen. Nach dem Willen des Gerichts sollen beide Geschädigte vernommen werden. Die andere damalige Touristin hat allerdings ein Zeugnisverweigerungsrecht: Sie hat den Angeklagten geheiratet, die Ehe besteht noch.
Pia Lorenz, Wegen mehrfacher Vergewaltigung und Besitzes von Kinderpornos: . In: Legal Tribune Online, 25.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25225 (abgerufen am: 12.12.2024 )
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