Der chinesische Autohersteller Nio darf seine Modelle nicht mit dem Zusatz "ES6" und "ES8" bewerben. Es bestehe Verwechslungsgefahr zu den Audi-Modellen "S6" und "S8", wie das LG München I entschied.
Audi hat sich im Markenrechtsstreit um zwei E-Auto-Modelle gegen den chinesischen Autobauer Nio vor dem Landgericht (LG) München I durchgesetzt. Das Gericht untersagte Nio am Donnerstag, weiterhin für die Modelle namens ES6 und ES8 zu werben: Es bestehe Verwechslungsgefahr mit den Audi-Modellen S6 und S8, erklärte das Gericht (Urt. v. 19.01.2023, Az. 1 HK O 13543/21).
Der zusätzliche Buchstabe "E" sichere keine hinreichende Unterscheidungskraft, weil er als Abkürzung für "Elektro" quasi allgegenwärtig sei. Deshalb sei zu erwarten, dass viele potenzielle Autokäufer darin nur einen Hinweis auf den Motortyp des Fahrzeugs sähen: Verbraucher könnten annehmen, der ES6 sei die Elektroversion des S6, und beide Fahrzeuge seien vom selben Hersteller.
Das Gericht ging davon aus, dass der in der Werbung zu sehende Firmenname für die Bewertung der Verwechselungsgefahr rechtlich außer Betracht zu bleiben habe. Es handele sich bei dem angegriffenen Zeichen erkennbar um einen Kfz-Typenbezeichnung. Es gebe im Automobilbereich die Gepflogenheit, Typenbezeichnungen als eigenständige Marken im Sinne von Zweitmarken anzusehen, so das LG. Es gelte dann der Grundsatz, dass Marken als Ganzes zu vergleichen seien.
Nio kündigt Rechtsmittel an
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Ein Nio-Sprecher kündigte bereits vor der Urteilsverkündung an, Nio werde bei einer Niederlage in erster Instanz wahrscheinlich Rechtsmittel einlegen. Andernfalls müsste der Autohersteller die beiden Stromer umbenennen.
"Wir begrüßen das heutige Urteil des Landgerichts München und den damit einhergehenden Schutz unserer Marken. Wie für viele andere erfolgreiche Unternehmen auch, sind diese für uns von zentraler Bedeutung. Entsprechend sind wir darauf bedacht, sie umfassend zu schützen. Das Urteil bestätigt, dass die streitgegenständlichen Modellbezeichnungen Markenrechte von Audi verletzen. Viele unserer Modelle haben ikonischen Charakter – für uns und für unsere Kunden. Das gilt auch und gerade für unsere sportlichen S-Modelle. Es ist für uns daher selbstverständlich, das damit verbundene, wertvolle geistige Eigentum zu schützen", teilt die Audi AG gegenüber LTO mit.
Audi hatte im Oktober 2021 auf Unterlassung der Werbung, Auskunft und Schadensersatz geklagt und auf den Schutz seiner eingetragenen Marken S6 und S8 verwiesen. Nio verkauft seine E-Autos ES6 und ES8 bisher in China und Norwegen, will sie aber auch in Deutschland auf den Markt bringen. Der chinesische Autobauer bestritt eine Markenrechtsverletzung und argumentierte, dass es sich bei den beiden Nios um SUV-Fahrzeuge handelt, bei den beiden Audis um Limousinen.
Nio ist in Deutschland im Herbst mit der elektrischen Luxuslimousine ET7 auf den Markt gekommen. Anderen chinesische Hersteller wie Polestar, Byd, Aiways, MG und Ora sind schon hier. Der Anteil chinesischer Autobauer auf dem deutschen Markt bewegt sich noch im Promillebereich. Aber 20 Prozent der von der Unternehmensberatung Berylls befragten deutschen Audi-, BMW- und Mercedesfahrer könnten sich grundsätzlich vorstellen, zu einer chinesischen Marke zu wechseln.
dpa/acr/LTO-Redaktion
LG München I zu Autowerbung: . In: Legal Tribune Online, 19.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50819 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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