Polizei, Landesforsten und der Landesbetrieb Mobilität haben vor Jahren Autos des VW-Konzerns mit manipulierten Abgaswerten gekauft. Nun will Rheinland-Pfalz Schadensersatz vom Konzern. Aber wo wird verhandelt?
Es spricht einiges dafür, dass der juristische Streit zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und Volkswagen (VW) um Schadensersatzforderungen nach dem Abgasskandal in Mainz weiterverhandelt wird. Die zuständige Richterin am Landgericht (LG) Mainz deutete am Freitag an, sich durchaus für zuständig zu halten. Entschieden wird dies voraussichtlich aber erst in einigen Wochen. Die Richterin betonte auch, dass sie nach derzeitigem Stand grundsätzlich eine Schadensersatzpflicht auf VW-Seite sieht.
Das Land Rheinland-Pfalz verlangt wegen manipulierter Abgaswerte von VW Schadensersatz für insgesamt 122 Fahrzeuge verschiedener Marken des Wolfsburger Konzerns, die unter anderem für die Polizei, den Landesbetrieb Mobilität und die Landesforsten gekauft wurden. In dem am Freitag verhandelten Verfahren wurden zunächst exemplarisch vier Fahrzeuge abgetrennt, bei denen beispielsweise die vertraglichen Beziehungen genauer betrachtet werden. Während das Land das Mainzer Landgericht in der Auseinandersetzung für zuständig hält, bezweifelt VW das.
Der Autohersteller hatte im September 2015 nach Prüfungen von Behörden in den USA Manipulationen an den Abgaswerten von Dieselautos zugegeben. Die Software bestimmter Motoren war so eingestellt, dass im tatsächlichen Betrieb auf der Straße deutlich mehr giftige Stickoxide ausgestoßen wurden als in Tests. Der Abgasskandal zog zahlreiche juristische Auseinandersetzungen nach sich.
Neben Rheinland-Pfalz fordert eine ganze Reihe anderer staatlicher Ebenen ebenfalls Geld zurück, darunter mehrere Städte. Die Stadt Bonn und VW stehen sich beispielsweise vor dem LG Bonn gegenüber. Nach früheren Angaben von Volkswagen klagt unter anderem auch die Stadt Baden-Baden auf Schadensersatz, dies werde vor dem LG Braunschweig verhandelt. Das Braunschweiger Oberlandesgericht hat die Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) für rund 445.000 Dieselkunden beschäftigt. Hier schlossen der Bundesverband und der Autobauer einen Vergleich.
BGH soll Klarheit schaffen
Demnach sollen 262.500 VW-Dieselkunden je nach Modell und Alter ihres Autos zwischen 1.350 und 6.257 Euro erhalten. Das außergerichtlich vereinbarte Angebot erstreckt sich auf Autos mit dem manipulierten EA-189-Motor bei den Konzernmarken - also auch auf etliche Fahrzeuge der Töchter Audi, Skoda, Seat oder VW-Nutzfahrzeuge - aus den Modelljahren 2008 bis 2016. Um diesen Motortyp geht es auch in Mainz.
Die im Fall der Einigung zwischen VW und vzbv in Frage kommenden Verbraucher können bis zum 20. April entscheiden, ob sie den Vergleich annehmen oder in Einzelklagen weiter für mehr Geld streiten. Am 5. Mai kommt der erste Fall vor den Bundesgerichtshof (BGH). Es geht um einen Käufer, der einen vom Abgasskandal betroffenen VW Sharan Anfang 2014 gebraucht für rund 31.500 Euro gekauft hatte. Der Mann will das Auto zurückgeben und dafür den Kaufpreis wiederhaben. Im vergangenen Jahr sprach ihm das Oberlandesgericht Koblenz mehr als 25.600 Euro zu und rechnete dabei die Nutzung des Autos an. Dagegen legten beiden Seiten Revision ein.
Der BGH-Termin am 5. Mai war auch bei der Mainzer Verhandlung Thema. Es müsse geschaut werden, wie sich der Bundesgerichtshof verhalte, sagte ein VW-Anwalt. Die Richterin meinte, nach einer höchstrichterlichen Entscheidung könne die Frage des Gerichtsstandes an Bedeutung verlieren. Auch in Mainz wurde über eine mögliche außergerichtliche Einigung gesprochen, beide Parteien kamen aber zunächst nicht zueinander.
Ein VW-Sprecher teilte mit, Klarheit zu bestimmten Rechtsfragen erwarte man erst mit einem BGH-Urteil. Dort seien mehrere dutzend Verfahren anhängig. Mit Blick auf die Richterin in Mainz sagte er, man nehme deren Äußerungen zur Kenntnis und warte das Urteil ab. "Das Gericht hat uns zudem Gelegenheit gegeben, unsere Position noch in weiteren Schriftsätzen zu erläutern." Die Richterin habe auch erkennen lassen, dass Ansprüche mit Ablauf des Jahres 2018 und damit erst 2019 geltend gemachte Ansprüche verjährt sein könnten.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Abgasskandal: . In: Legal Tribune Online, 06.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40697 (abgerufen am: 13.10.2024 )
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