Vier Krebskranke wandten sich an einen Heilpraktiker, um ihre Krankheit zu besiegen. Der verabreichte ihnen ein zu hoch dosiertes Zellgift, woraufhin drei Patienten verstarben. Nun hat er eine Bewährungsstrafe erhalten.
Das Krefelder Landgericht (LG) hat am Montag einen 61-jährigen Heilpraktiker wegen fahrlässiger Tötung in drei Fällen für schuldig befunden. Die vom Staatsanwalt geforderte Haftstrafe blieb dem Mann allerdings erspart, die Strafe von zwei Jahren Haft wurde zur Bewährung ausgesetzt (Urt. v. 15.07.2019, Az 22 KLs 14/18). Das Gericht hielt dem Verurteilten nach einem halben Jahr Prozessdauer zu Gute, dass er nicht vorbestraft sei, an der Aufklärung mitgewirkt habe und das Geschehen glaubwürdig bedauere.
Es attestiert ihm aber auch "schwere Verletzungen der Sorgfaltspflicht" in seiner Praxis in Brüggen am Niederrhein. Dort hatte der Heilpraktiker überwiegend krebskranke Patienten behandelt und dabei unter anderem Infusionen mit dem Stoff 3-Bromopyruvat (BP-3) verabreicht, um die Krebszellen abzutöten und so die Krankheit zu besiegen. Bei der Zubereitung der jeweils individuell hergestellten Präparate kam es im Juli 2016 bei vier Patienten zu einem Wiegefehler, wobei das Medikament überdosiert wurde. Drei Patienten verstarben dabei, die vierte Patientin brach die Therapie nach der ersten Infusion wegen Übelkeit und Unwohlsein ab.
StA: "Alle Pflichten missachtet"
Der Heilpraktiker habe die Identität der gelieferten Substanzen nicht überprüft, eine ungeeignete Waage verwendet, Infusionsflaschen unzureichend beschriftet und den Einsatz der verwendeten Substanz mangelhaft dokumentiert, befand nun das Gericht.
Die Verteidigerin hatte Freispruch gefordert. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Therapie ihres Mandanten den Tod der Patienten verursacht habe. Diese seien schwer krebskrank gewesen und hätten die klassische Chemotherapie abgelehnt. Sie hätten gewusst, dass sie sich auf eine experimentelle Therapie mit erheblichen Risiken einließen. Doch das Gericht sieht das anders: Der Tod der drei Patienten, einer Belgierin, einer Niederländerin und eines Niederländers, stehe deutlich im Zusammenhang zu den verabreichten Infusionen. Alle hätten einen Hirninfarkt erlitten. Es gebe für ihren Tod keine andere Erklärung als das verabreichte hochwirksame Zellgift BP-3.
Der Staatsanwalt hatte kritisiert, dass der Heilpraktiker bei der Behandlung mit BP-3 "alle Pflichten missachtet" und grob fahrlässig gehandelt habe. Er habe seinen Patienten eine bis zu sechsfache und damit tödliche Überdosis verabreicht. Der Heilpraktiker hatte dagegen beteuert, dass er den Stoff bereits monatelang mit gutem Erfolg eingesetzt habe. Er vermutete, dass der Wirkstoff bereits in anderer Qualität oder Zusammensetzung als sonst angeliefert worden sei. Er selbst sei bei der Dosierung immer gleich vorgegangen.
Ärztekammer-Präsident: Krebstherapie gehört nicht in Hände von Heilpraktikern
Die Flaschen, in denen der Wirkstoff angeliefert worden war, hatte er aber nicht aufbewahrt. "Ich wollte sie nicht weiter für Patienten verwenden, nachdem es diesen drei so schlecht ging", hatte er gesagt. "Dass ich sie weggeworfen habe, bereue ich heute zutiefst."
Eine Rechtsanwältin, die Hinterbliebene einer 43-jährigen zweifachen Mutter als Nebenkläger vertritt, kritisierte, dass der 61-Jährige keinen Notarzt alarmiert und die an Brustkrebs erkrankte Frau einfach nach Hause geschickt habe, obwohl es ihr sehr schlecht ging.
Der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, erklärte nach dem Urteil, Krebstherapien gehörten nicht in die Hände von Heilpraktikern. Der Gesetzgeber solle dem einen Riegel vorschieben.
mam/dpa/LTO-Redaktion
LG Krefeld erkennt auf fahrlässige Tötung: . In: Legal Tribune Online, 15.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36505 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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