Landgericht Köln: Kirche haftet auch für Miss­brauch durch Ehrenamtler

30.01.2025

Greift die Amtshaftung bei sexuellem Missbrauch durch Kirchenbedienstete? Ja, hatte das LG Köln bereits entschieden. Dass das auch im Fall von ehrenamtlich Tätigen gelte, hat es jetzt in einem Hinweisbeschluss durchscheinen lassen.

In einem Hinweisbeschluss (v. 27.01.2025, Az. 5 O 192/24) hat das Landgericht (LG) Köln festgestellt, dass das Erzbistum Köln auch für Handlungen von ehrenamtlichen Mitarbeitern haftet. Zuerst über den Beschluss berichtet hatte der Kölner Stadtanzeiger. In dem Fall geht es um eine Frau, die der Kirche vorwirft, als Kind über Jahre hinweg von einem Messdienstleiter sexuell missbraucht worden zu sein. Zwei Vorfälle hat das Erzbistum bisher eingeräumt. Die Frau klagt nun im Wege der Amtshaftung auf 850.000 Euro Entschädigung.

Der Amtshaftungsanspruch aus § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz (GG) findet Anwendung auf das Handeln von Personen in einem öffentlichen Amt. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) umfasst das nicht nur Beamte im statusrechtlichen Sinne, sondern jede Person, die eine hoheitliche Tätigkeit ausübt. Das LG Köln hatte bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 2023 angenommen, dass ein Pfarrer mit Blick auf die besondere Stellung und die Hoheitsbefugnisse von korporierten Religionsgemeinschaften ein solches öffentliches Amt bekleide. Es entschied im Ergebnis, dass ein Missbrauchsopfer Anspruch aus Amtshaftung auf 300.000 Euro Schmerzensgeld gegen das Erzbistum Köln hat (Urt. v. 13.06.2023, Az. 5 O 197/22).

Ehrenamtler ein "verlängerter Arm des Pfarrers"

In dem vorliegenden Fall war der Täter jedoch kein beim Erzbistum angestellter Pfarrer, sondern als Leiter einer Messdienergruppe nur ehrenamtlich für das Erzbistum tätig. Der juristische Knackpunkt ist also, ob die Amtshaftung auch bei kirchlichen Ehrenamtlern greift. Das hat das LG Köln jetzt bejaht, denn auch die Leitung einer Messdienergruppe stelle die Ausübung eines öffentlichen Amtes dar. Der ehrenamtlich tätige Mann sei als "verlängerter Arm des Pfarrers" an dessen Weisungen gebunden gewesen, so das Gericht.

Die Tatsache, dass der ehrenamtliche Helfer nicht Angestellter des Erzbistums gewesen ist, stehe dem Amtshaftungsanspruch der Frau nicht entgegen. Das gelte aber nur für Handlungen im Rahmen des öffentlichen Amtes. Für Taten, die der Mann im Elternhaus des Opfers begangen haben soll, hafte das Erzbistum nicht.

Bistum hat jetzt Zeit für Stellungnahme

Bei der Entscheidung des LG Köln handelt es sich um einen sogenannten Hinweisbeschluss, es gibt also noch keine Entscheidung in der Sache. Durch einen Hinweisbeschluss kann ein Gericht den Streitparteien schon vor der mündlichen Verhandlung seine Ansicht zur Sach- und Rechtslage mitteilen. Nach § 139 Zivilprozessordnung (ZPO) kann es das Verfahren strukturieren, indem es die Verfahrensbeteiligten auf entscheidungsrelevante Aspekte im Sach- und Streitverhältnis hinweist. Um das rechtliche Gehör der Parteien zu garantieren, muss ein Gericht sogar einen Hinweis erteilen, wenn Punkte von einer Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten wurden. Hat das Gericht einmal auf seine Rechtsauffassung hingewiesen, darf es davon im folgenden Urteil nicht abweichen, ohne die Verfahrensbeteiligten zuvor auf die Änderung der rechtlichen Beurteilung hinzuweisen.

Das Erzbistum hat jetzt drei Wochen Zeit zur Stellungnahme, nachdem es ursprünglich argumentiert hatte, die Amtshaftung greife in dem Fall des Ehrenamtlers nicht. Als Termin für die mündliche Verhandlung ist der 25. März 2025 angesetzt.

dpa/cp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Landgericht Köln: . In: Legal Tribune Online, 30.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56466 (abgerufen am: 17.03.2025 )

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