Der Rosenmontagszug in Volkmarsen fand 2020 ein jähes Ende, als ein Auto in die feiernde Menschenmenge fuhr und mehr als 80 Menschen teils schwer verletzte. Das LG Kassel hat den Fahrer nun zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
Im Prozess um die Autoattacke auf den Rosenmontagszug im nordhessischen Volkmarsen ist der Angeklagte unter anderem wegen 89-fachen Mordversuchs zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Landgericht (LG) Kassel sprach den heute 31-Jährigen am Donnerstag wegen 88-fachen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in einem Fall wegen versuchten Mordes sowie des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig (Urt. v. 16.12.2021).
Das Gericht stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Am Ende der Haftzeit wird demnach die Gefährlichkeit des Täters in einer weiteren Hauptverhandlung geprüft. Dabei wird auch das Verhalten in der Haft berücksichtigt und ein psychologisches Gutachten in Auftrag gegeben. Führerschein und Fahrzeug des Mannes werden eingezogen.
Der Mann, ein Deutscher, fuhr nach Überzeugung des Gerichts am 24. Februar 2020 vorsätzlich mit einem Auto in den Karnevalsumzug in Volkmarsen (Landkreis Waldeck-Frankenberg) und verletzte dabei mindestens 88 Menschen, darunter 26 Kinder, teilweise schwer.
Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen Zügen
Die Große Strafkammer hat an 24 Verhandlungstagen 182 Zeugen vernommen - auf die Ladung rund 200 weiterer von der Anklage benannter Zeugen hatte das Gericht verzichtet. Die Opfer beschrieben die Amokfahrt des Täters, ihre teils schweren Verletzungen und die nicht selten bis heute anhaltenden psychischen Folgen.
Der Angeklagte hingegen schwieg und verfolgte den Prozess mit ausdrucksloser Miene. Warum er die Tat begangen haben könnte, blieb völlig unklar. Auch Gespräche mit einer psychiatrischen Gutachterin hatte er abgelehnt.
Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie kam aufgrund von Akten, Zeugenaussagen und eigener Beobachtungen zu der Einschätzung, es gebe bei dem Angeklagten Anzeichen einer Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, paranoiden und schizoiden Zügen. Der 31-Jährige sei aber voll schuld- und einsichtsfähig. Auch die Wiederholung einer solch schweren Tat schloss sie nicht aus und riet zu einer Sicherungsverwahrung nach verbüßter Strafe.
Staatsanwaltschaft und Nebenkläger-Vertreter hatten eine lebenslange Freiheitsstrafe mit dem Vorbehalt anschließender Sicherungsverwahrung sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert. Die Verteidigung hatte für eine mildere Strafe als die geforderte Höchststrafe plädiert, da es sich um versuchten und nicht vollendeten Mord gehandelt habe.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Volkmarsen-Prozess: . In: Legal Tribune Online, 16.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46956 (abgerufen am: 14.10.2024 )
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