Druckversion
Freitag, 23.05.2025, 08:18 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/lg-karlsruhe-amoklauf-muenchen-betreiber-darknet-plattform-waffe
Fenster schließen
Artikel drucken
32831

Münchner Amoklauf: Bet­reiber von Dar­knet-Platt­form ver­ur­teilt

19.12.2018

Über eine Darknet-Plattform hatte sich der Amokläufer in München 2016 seine Waffe besorgt. Den Betreiber hat das LG Karlsruhe jetzt unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

Anzeige

Der Betreiber einer Darknet-Plattform, über die der Münchner Amokläufer vom Juli 2016 seine Waffe gekauft hatte, ist zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Das Landgericht (LG) Karlsruhe verurteilte den 31-Jährigen am Mittwoch unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung und Beihilfe zu Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz (Urt. v. 19.12.2018, Az. 4 KLs 608 JS 19580/17).

Im Juli 2016 hatte ein damals 18-Jähriger am und im Münchner Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen und danach sich selbst erschossen. Pistole und Munition hatte sich der Jugendliche über das Darknet besorgt, einen verborgenen Bereich des Internets.

Die auf Cyberkriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft Mannheim hatte eine Gesamtstrafe von neun Jahren und fünf Monaten gefordert. Sie warf dem Mann vor, dass er mit seiner Tätigkeit als Gründer und Administrator der im Darknet eingerichteten Plattform dem späteren Amokschützen den Waffenkauf erst ermöglicht habe.

LG: Unzuverlässigen Personen Waffen verschafft

Sein Tatbeitrag liege in der Einrichtung und dem Betreiben der Plattform. Der 31-Jährige hätte erkennen können und müssen, dass sich außerhalb des legalen, kontrollierten Waffenmarktes unzuverlässige und labile Personen eine Waffe verschaffen und diese auch zur Tötung oder Verletzung von Menschen nutzen könnten.

Die beiden Verteidiger des Angeklagten verzichteten auf eine konkrete Forderung zum Strafmaß und räumten ein, dass ihr Mandant eine Mitschuld trage. Auch habe er sich im Zusammenhang mit Waffengeschäften der Fahrlässigkeit schuldig gemacht. Allerdings sei bei etlichen Anklagepunkten nicht klar, ob die Geschäfte überhaupt abgeschlossen worden seien.

Das LG Karlsruhe erkannte letztendlich auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren. Der Betreiber habe sich wegen fahrlässiger Tötung in neun Fällen in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen strafbar gemacht. In weiterer Tateinheit steht die Beihilfe zu mehreren Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz.

"Jedem hätte die Gefahr klar sein müssen"

"Der Amokläufer hätte die Waffe nicht kaufen können, hätte den Amoklauf nicht begehen können", sagte Richter Holger Radke - wenn der Angeklagte Verkäufer und Käufer nicht in seinem Forum hätte zusammenkommen lassen. Das Gericht hielt dem 31-Jährigen zwar zugute, dass er das Forum 2013 in der an sich nicht verwerflichen Absicht eingerichtet habe, ein Forum für anonyme Kommunikation zu schaffen. "Für jedes auch schlichte Gemüt" hätte aber klar sein müssen, welche Gefahr von so einer Plattform ausgehe, so der Richter.

Das Verfahren sei zum Teil juristisches Neuland, so der Richter, und stimmte damit dem Staatsanwalt zu. Mit der Frage der Haftung eines Plattformbetreibers für Straftaten habe sich die Justiz noch nicht häufig auseinandergesetzt.

Den eigentlichen Waffenhändler im Fall des Münchner Amoklaufs hatte das Landgericht (LG) München I im Januar 2018 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Der Mann hatte Pistole und Munition an den jugendlichen Täter verkauft.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Münchner Amoklauf: . In: Legal Tribune Online, 19.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32831 (abgerufen am: 23.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Strafrecht
    • Amoklauf
    • Fahrlässigkeit
    • Strafverfahren
    • Waffen
  • Gerichte
    • Landgericht Karlsruhe
StVE Stollberg/Hoheneck 20.05.2025
Befangenheit

Befangenheitsantrag in DDR-Rehablitationsverfahren abgelehnt:

BVerfG bemän­gelt "grund­le­gende Ver­ken­nung des Gewähr­leis­tungs­ge­halts"

Auch Jahrzehnte später kämpfen DDR-Opfer um Rehabilitierung. Das BVerfG stellte in einem Verfahren nun erhebliche Rechtsverstöße des LG Meiningen fest.

Artikel lesen
Zwei Polizeibeamte begleiten einen Angeklagten in den Gerichtssaal des Oberlandesgerichts München. Prozessbeginn zu Spionagevorwürfen. 20.05.2025
Nachrichten

Oberlandesgericht München:

Pro­zess­be­ginn wegen Spio­na­ge­vor­würfe

Drei Deutsch-Russen stehen in München wegen Spionagevorwürfen vor Gericht. Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe – einer soll laut Verteidigung nur auf eigene Faust den Spion gespielt haben. 

Artikel lesen
Polizeimitarbeiter in Uniform nimmt DNA-Spuren 16.05.2025
DNA-Analyse

Justizminister wollen DNA-Analyse erweitern:

"Der Vor­schlag ist ras­sis­tisch"

Anwaltsverbände sind empört: Die Länderjustizchefs wollen sich Anfang Juni für die hochumstrittene "biogeografische DNA-Analyse" aussprechen. Bei der Suche nach Straftätern könnten dann auch Aussagen über deren Herkunft getroffen werden. 

Artikel lesen
Quarzhandschuhe, die bei geballter Faust bretthart werden 16.05.2025
Körperverletzung

BGH sieht "durchgreifenden Rechtsfehler":

20 Schläge mit Quarz­hand­schuhen spre­chen für Töt­ungs­vor­satz

Drei Täter, die ihrem Opfer mit Quarzsandhandschuhen über 30 Sekunden lang 20-mal ins Gesicht schlagen: Hier nicht von bedingtem Tötungsvorsatz auszugehen, ist abwegig, hat der BGH klargestellt und ein Urteil des LG Marburg aufgehoben.

Artikel lesen
StPO 15.05.2025
Strafverfahren

BVerfG rügt Frankfurter Justiz wegen Abwesenheitsurteils:

Land­ge­richt ent­fernte sich vom "schuld­an­ge­mes­senen Strafen"

Gefängnis statt Geldstrafe - so entschied ein Gericht nach einer Verhandlung ohne den Angeklagten. So darf aber nur in strengen Ausnahmen verhandelt werden, stellte das BVerfG erneut klar und rügte die hessische Justiz mit deutlichen Worten.

Artikel lesen
Friedrich Merz trifft Benjamin Netanjahu auf einer Israel-Reise am 12. Februar 2024 15.05.2025
Völkerstrafrecht

Merz will Netanjahu-Besuch ermöglichen:

Freies Geleit mit der Brech­stange

Um einen Staatsbesuch von Israels Premier Benjamin Netanjahu zu ermöglichen, will Bundeskanzler Friedrich Merz notfalls den Haftbefehl des IStGH ignorieren. "Mittel und Wege", eine Festnahme zu verhindern, gibt es – aber keine legalen.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Frank­furt (Oder)

Logo von Wolters Kluwer
Ju­rist als Pro­dukt­ma­na­ger im Be­reich Con­tent - Straf­recht (m/w/d)

Wolters Kluwer , Hürth

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von Wolters Kluwer
Ju­rist als Pro­dukt­ma­na­ger Print & On­li­ne (m/w/d)

Wolters Kluwer , Hürth

Logo von Evangelische Hochschule Freiburg
Pro­fes­sur für Recht in der So­zia­len Ar­beit (m/w/d)

Evangelische Hochschule Freiburg , Frei­burg im Breis­gau

Logo von GvW Graf von Westphalen
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) Stand­ort Stutt­gart

GvW Graf von Westphalen , Stutt­gart

Logo von ARQIS
Prak­ti­kan­ten (m/​w/​d) AR­QIS Sum­mer School 2025

ARQIS , Düs­sel­dorf

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Moovijob Day Luxembourg in Trier

23.05.2025, Trier

Plötzlich doch selbständig? Wie aus einer Scheinselbständigkeit von Lehrkräften eine selbständige Tätigkeit werden kann

26.05.2025, Bonn

Logo von Hagen Law School in der iuria GmbH
Fachanwaltslehrgang Erbrecht im Fernstudium/ online

23.05.2025

Konfliktvermeidung durch Vertragsgestaltung und Vertragsgestaltung zur Konfliktlösung

26.05.2025, Frankfurt am Main

Matchwinner Verfahrensrecht

26.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH