Die streitige Äußerung des Moderators der Satire-Sendung "extra 3" des NDR bezog sich aus Sicht des LG Hamburg klar satirisch auf Weidels Forderung, die politische Korrektheit abzuschaffen. In der AfD zeigt man sich empört.
Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) hat vor Gericht einen Sieg gegen die AfD-Politikerin Dr. Alice Weidel errungen. Deren Bezeichnung als "Nazi-Schlampe" sei vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, entschied das Landgericht (LG) Hamburg in einem nun veröffentlichten Beschluss. Weidels Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde damit abgewiesen (Beschl. v. 11.05.2017, Az. 324 O 217/17).
Nach ihrer Ernennung zur Co-Spitzenkandidatin neben Alexander Gauland auf dem Parteitag der Alternative für Deutschland (AfD) hatte sie eine Rede gehalten, in der sie sagte, es müsse "endlich Schluss damit sein, dass diejenigen, die auf die Missstände in unserem Land hinweisen, härter bekämpft werden als die Missstände selbst".
Weiter führte sie aus: "Und wir werden uns als Demokraten und Patrioten trotz dessen nicht den Mund verbieten lassen. Denn die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte". Dies nahm die Satiresendung des NDR, "extra 3", zum Anlass für einen Beitrag, in dem zunächst der Ausschnitt aus Weidels Rede eingespielt wurde. Im Anschluss sagte Moderator Christian Ehring: "Jawoll, Schluss mit der politischen Korrektheit! Lasst uns alle unkorrekt sein, da hat die Nazi-Schlampe doch recht. War das unkorrekt genug? Ich hoffe!".
Sachbezug zu Äußerung Weidels
Gegen die Verbreitung dieses Beitrags wandte sich Weidel nun vor dem LG Hamburg mit der Begründung, es handele sich um eine von der Meinungsfreiheitsgarantie in Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht mehr gedeckte Formalbeleidigung. Dem folgte das Gericht allerdings nicht.
Der Annahme einer unzulässigen Formalbeleidigung stehe es entgegen, dass eine Auseinandersetzung in der Sache erfolgt sei und nicht die persönliche Diffamierung Weidels im Vordergrund gestanden habe. Mit den Begriffen "Nazi" und "Schlampe" beziehe sich die Äußerung "in klar erkennbarer satirischer Weise" auf ihre Forderung, die politische Korrektheit abzuschaffen.
Die besonders scharfe Wortwahl als gemeinhin nicht akzeptierte Ausdrucksweise solle dabei gerade zeigen, wohin diese Forderung führen könne. Eine Unterstellung, die Begriffe träfen in ihrem Wortsinn tatsächlich auf Weidel zu, sei der Äußerung demgegenüber nicht zu entnehmen.
LG: Öffentliche Person muss überspitzte Kritik hinnehmen
Der Zuschauer werde deshalb nicht glauben, sie eine Anhängerin der Nazi-Ideologie. Die Bezeichnung "Schlampe" weise hier keinen sexuellen Kontext auf, sondern diene lediglich als Anknüpfung an ihre Äußerung zur politischen Korrektheit.
In der Abwägung von Weidels Persönlichkeitsrecht gegen die Meinungsfreiheit kam das Gericht dann auch zu einem klaren Ergebnis: Als Person "im Blickpunkt der Öffentlichkeit" müsse die Politikerin überspitzte Kritik hinnehmen, weshalb ihr Interesse gegenüber der Meinungsfreiheit weniger stark zu gewichten sei.
Die AfD reagierte über ihren Sprecher Christian Lüth: "Dieses erste Urteil zeigt, wie weit man in Deutschland unter dem Deckmantel der Satire gehen kann. Dass solche aggressiven Diffamierungen auch eine sicherheitsrelevante Komponente für Frau Weidel haben, scheint das Gericht nicht berücksichtigt zu haben. Wir werden gegen diesen Beschluss Beschwerde einlegen". Über diese hätte dann das Oberlandesgericht Hamburg zu entscheiden.
mam/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa
AfD-Politikerin scheitert im Eilverfahren: . In: Legal Tribune Online, 17.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22951 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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