Der AfD-Politiker Björn Höcke muss sich ein zweites Mal vor dem LG Halle wegen der SA-Parole "Alles für Deutschland" verantworten. Wieder hält er sich für unschuldig. Trotzdem rechnet er mit einer Verurteilung.
Der zweite Prozess wegen der verbotenen Nazi-Parole "Alles für Deutschland" gegen Björn Höcke kam am Landgericht (LG) Halle nur schleppend in Gang. Noch bevor die Staatsanwälte am Montag die Anklage gegen Thüringens AfD-Chef verlesen konnten, stellten die beiden Verteidiger am Montag mehrere Anträge. Darin bezweifeln sie, dass das LG überhaupt zuständig ist, und beklagen eine mediales "Trommelfeuer" gegen ihren Mandanten. Ein faires Verfahren sei nicht möglich, der Prozess müsse eingestellt werden. Das Gericht lehnte die Forderung nach mehreren Unterbrechungen ab.
Wegen des Rufens der selben Nazi-Parole in Merseburg wurde Höcke bereits im Mai verurteilt. Das LG Halle erlegte ihm eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen je 130 Euro auf. Höcke hat Revision gegen das Urteil eingelegt.
Auch wegen des Vorfalls in Gera legt die Staatsanwaltschaft Höcke das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen (§ 86a Strafgesetzbuch) zur Last. Doch der Sachverhalt unterscheidet sich in den Details: Laut Anklage stimmte der 52-Jährige am 12. Dezember 2023 bei einem Stammtisch der AfD im thüringischen Gera die verbotene Losung der Sturmabteilung (SA) "Alles für Deutschland" an. Dabei nahm er Bezug auf das Strafverfahren, das gegen ihn wegen Verwendung der Parole in Merseburg geführt wurde. Dabei sprach er nur die ersten beiden Worte aus und das Publikum vervollständigte. Dazu soll Höcke die Menge mit einer Handbewegung animiert haben.
"Ich bin völlig unschuldig"
Doch Höcke bestreitet, dass er mit der Handgeste die Menschen zum Mitmachen auffordern wollte. Er sei vielmehr überrascht gewesen, dass der Spruch aus dem Publikum heraus vollendet wurde. "Ich bin auch in diesem Sachverhalt völlig unschuldig. Ich weiß, dass ich verurteilt werde. Aber das fühlt sich für mich nicht gerecht an", so Höcke.
Das Gericht machte sich vom Geschehen in Gera selbst ein Bild und sah sich ein Video der Veranstaltung an. Es kursierte im Internet und wurde von der Polizei gesichert. Darin ist zu sehen, wie sich Höcke am Ende seiner Rede auf seine Aussage in Merseburg bezieht und den Dreiklang wiederholt: "Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für ...". Er bricht ab und wirft die Hand in die Höhe, während das Publikum seine Worte im Chor vervollständigt und klatscht. Höcke lacht. Laut Anklage waren rund 350 Teilnehmer bei der Veranstaltung in einer Waldgaststätte dabei.
Auch betonte Höcke, wie schon im Prozess zum Merseburger Fall, nichts davon gewusst zu haben, dass "Alles für Deutschland" eine SA-Losung gewesen sei. Dabei handele es sich schließlich um "Allerweltsworte". Das LG Halle hatte dem ehemaligen Geschichtslehrer diese Behauptung im ersten Prozess nicht geglaubt. Der AfD-Politiker wisse genau, was er sage, und teste regelmäßig und bewusst die Grenzen des Sagbaren aus.
Höcke schickt Fotografen aus dem Gerichtssaal
Beim ersten Prozess waren die Zuschauerplätze im Gericht voll belegt, weitere Stühle standen in einem zusätzlichen Zuhörraum für Journalisten bereit. Der zweite Prozess stößt nun auf weniger großes Interesse. Diesmal bleiben etliche Plätze leer. Die Anwesenden wurden am Montag Zeuge davon, wie zu Beginn plötzlich alle Fotografen und Kameraleute aus dem Saal geschickt wurden. Der Grund: Höcke wollte nicht fotografiert werden. Erst später dürfen die Fotografen doch ihre Kameras zücken und Bilder machen.
Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. Der Vorsitzende Richter kündigte an, dass dann ein Historiker als sachverständiger Zeuge zu der umstrittenen Parole gehört werden soll. Es ist zugleich der letzte geplante Verhandlungstermin. Somit könnte dann bereits das Urteil fallen.
Dritter Strafprozess gegen Höcke in den Startlöchern
Für Höcke ist dieser zweite Prozess in Halle nicht der letzte. Das Landgericht Mühlhausen in Thüringen hat eine Anklage gegen den Politiker wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen.
Konkret geht es um einen Post von Höcke bei Telegram aus dem Jahr 2022 über eine Gewalttat in Ludwigshafen. Höcke schrieb dazu unter anderem: "Wahrscheinlich ist der Täter psychisch krank und leidet an jener unter Einwanderern weit verbreiteten Volkskrankheit, welche die Betroffenen 'Allahu Akbar' schreien lässt und deren Wahrnehmung so verzerrt, dass sie in den 'ungläubigen' Gastgebern lebensunwertes Leben sehen."
Verhandlungstermine stehen noch nicht fest.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Zweiter Prozess am LG Halle gegen Björn Höcke: . In: Legal Tribune Online, 24.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54844 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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